Unsere letzten zwei Urlaubstage in Upalty/ Gizycko sind schnell erzählt. Am 12.07.20 feierte mein lieber Mann seinen 51. Geburtstag. Total verschlafen wurden Geschenke ausgepackt, Weder das Geburtstagskind noch Emily waren um 8:00 Uhr morgens wirklich aufnahmefähig.
Mathias hatte sich zu seinem Ehrentag einen langen Spaziergang durch unser Dorf und Felder gewünscht und so machten wir uns nach dem Frühstück auf und marschierten los. Der Wunsch war mir schließlich Befehl !!!!! Emily freute sich und trabte eifrig mit.
Die Sonne schien, 18 Grad machten den Marsch zu einem Vergnügen, der Himmel Masurens zeigte uns ALLES. Wir genossen unseren Spaziergang über die Felder und erfreuten uns an der Natur, die sich unspektakulär von ihrer schönsten Seite zeigte.
Ungefähr auf halber Strecke fanden wir diese lauschige Bank, setzten uns wie Waldorf und Stadler auf genau diese und zählten Strohballen.
Wir hatten die Vision einmal um unseren See zu kommen und scheiterten kläglich. Gott sei Dank fiel uns unser Fehler noch rechtzeitig auf, der Fauxpas hätten uns fast 10 km mehr eingebracht…..wir wären in Gizycko „rausgekommen“. So erkundeten wir doch lieber unsere Gegend und genossen vor Allem die schönen Wildblumen, die es insbesondere mir angetan hatten.
ein altes Bauernhaus und ein ziemlich einsames Fohlen. Das kleine Wesen war sofort zutraulich und selbst unser Kläffer war ruhig.wilder Dill und ein sagenhafter Himmel
Hochzufrieden kehrten wir wieder in unsere Mühle ein.
Das Wetter hielt leider nicht, Kaffee und Geburtstagkuchen gab es im Restaurant.
Den Nachmittag verbrachten wir auf unserem Zimmer, abends gab es dem Anlass entsprechend nochmal polnische Ente mit Bratäpfeln und Rosinen.
Am Abend hätte man meinen können, dass Emily das Geburtstagskind gewesen ist. Wir Drei spielten auf der Wiese mit ihrem geliebten Ball, als eine polnische Familie dazu kam. Die zwei Kinder ( ca. 4 u.6 Jahre alt) zeigten keine Angst und tobten mit dem Hund bestimmt eine Stunde auf der Wiese herum. Als wir dachten, dass der Hund doch eigentlich tot sein müsste, mischte noch ein kleiner Malteser mit, den ich Idefix getauft habe. Sein polnischer Name war Zucker und genau so war sein Charakter….es war eine Freude den Beiden beim Spielen zuzusehen. Nach über zwei Stunden Spiel, Spaß, Spannung landete die gesamte Sippe unter der Dusche und ziemlich früh im Bett.
Die Masuren zeigten sich am letzten Tag von ihrer besten Seite. Nach dem Frühstück ( ich mag keine Eier, keine Wurst und auch keine Pasten mehr) was bei uns immer kärger ausfiel, machten wir uns auf den Weg zu Kaufland. Der heimische Kühlschrank ist leer und wir wollten noch einige polnische Besonderheiten z.B Salzgurken einkaufen.
Im Anschluss holten wir unsere Emily im Hotel ab und machten einen kleinen Abstecher zu Antyki. Dort stromerten wir durch sämtliche Einrichtungen Ostpreußens bis anno 1945. Herrliche Fundstücke, tolle Möbel und alles spottbillig. Meine Mama schwärmte immer, dass Polen eine tolle Quelle für Antiquitäten ist. Als Kind habe ich nicht verstanden, warum das so ist…..jetzt ist es mir natürlich klar. Nicht nur die Kriegsopfer und die Vernichtung der Juden sondern auch die Hinterlassenschaften der Vertriebenen haben für volle Dachböden und Antikgeschäfte geführt. Keiner wollte nach dem Krieg im alten Plunder leben und davon profitieren heute noch Sammler…….ein paar Stücke hätte ich gerne gehabt.
Wir fuhren nochmals zum Hafen von Gizycko, genossen das tollte Wetter und waren sogar am Strand. Emily ging ins Wasser, Gizycko war am Ende des Urlaubs sehr gnädig mit uns.
Nach einer Hühnerbrühe und einem Abschiedsbier im Ort fuhren wir wieder zurück nach Upalty. Dort kam am Abend nochmal Emily zu ihrem Recht, sie fegte mit Mathias über die heißgeliebte Wiese.
Früh gingen wir an diesem letzten Abend zu Bett, eine lange Fahrt von 850km, teils über Landstraße lag vor uns. Wir zogen noch vor unserer Rückfahrt ein positives Fazit. Polen war wie immer eine Reise wert, auch wenn uns natürlich der Ausgang der Präsidentenwahl am 12.07.20 zu denken gibt. Mathias hätte sich einen anderen Ausgang an seinem Geburtstag gewünscht.
Unsere Rückreise begann um 9:50 Uhr, vorher hatten wir ein letztes Mal das oppulente Frühstück genossen und Emily hatte herzzerreißend Abschied von „ ihrer Wiese“ genommen. Unser Hundemädchen sass still und leise auf dem Rasen, wollte nicht spielen…sie saß traurig auf ihren vier Buchstaben und ließ die gesamte Szenerie auf sich wirken- als ob sie sich die Wiese in ihr kleines Hirn hämmern wollte! Danach wollte unsere Maus nicht mehr ins Zimmer zurück……auch wir fühlten mit ihr mit!
Die Fahrt zog sich ab der ersten Minute, nur Landstraße bis Allenstein. Wir schauten auf die Karte und stellten fest, dass sich der Spuk bis Thorn zieht….ach nee, bei genauer Betrachtung sogar bis Posen! Autobahnen gibt es genug, führen nur alle von Warschau weg und erbinden das Land leider nicht in Ost-West Achse…..wir waren gernervt. Insgesamt waren wir rd 500 km nur auf der Landstraße unterwegs, mit zwei kleinen Pausen benötigten wir für die Gesamtstrecke rd. 9,5 Std. Bei KW mussten wir von der Autobahn runter, da dort ein Unfall die Weiterfahrt behinderte….das spielte am Ende auch keine Rolle mehr.
Zufrieden, den Wahnsinn Landstraße mit den vielen Traktoren und LKWs ( schlimm für die Anwohner) hinter uns gebracht zu haben, kehrten wir gegen 18:30 Uhr bei unserem Herzensintaliener ein und ließen nicht nur das schöne Polen sondern auch die schwere polnische Küche hinter uns zurück.
Unsere nächsten Ziele in Polen sind schon klar gesteckt. Mathias möchte im August nach Stettin, der Weihnachtsmarkt in Posen lockt ebenfalls sehr und außerdem kenne ich von Warschau bislang nur den Bahnhof ( auf Durchfahrt nach Smolensk und Moskau).
Mal sehen was Corona und die Reisemöglichkeiten in den nächsten Jahren so mit sich bringen wird!
Das sich unser Polenurlaub immer mehr zu einem Burgen,-u. Festungstrip entwickelt hat, hatten wir im Vorfeld nicht geplant. Mochte es am Wetter liegen oder an der Erkenntnis, dass tatsächlich der Deutsche Orden überall hier in diesen Breitengraden sein Unwesen getrieben hat?! Es war wie es war mein Roman blieb jungfräulich auf dem Kindl, die Badesachen wanderten unangerührt wieder in den Rucksack zurück, wir Drei ( inklusive Hund) sind um ein paar Festungsanlagen aller Zeitepochen wissender geworden!
Am 10.07.20 war das Wetter aber schwülwarm und wir entschlossen uns das Schloß und die berühmte Drehbrücke von Gizycko anzusehen. Zum Schloß habe ich nicht mal Richtiges in Wikipedia gefunden. Es wurde nach 1945 wieder aufgebaut, wann und für wen der Originalbau war, who knows….???
Spannender verhält es sich mit der Drehbrücke, die noch händisch bedient wird. Es gibt lediglich zwei Exemplare in Europa. Das Ursprungsexemplar stürzte 1889 aufgrund von Überlast zusammen, die elektrische Konstruktion aus den 60er Jahren war hässlich zu den Kaimauern und seit 1993 wird wieder per Hand gekurbelt. Das Schauspiel lernten wir erst später kennen.
Schloss und Drehbrücke
Auf der Drehbrücke
Unser nächstes Ziel war die Feste Boyen, eine Festungsanlage aus dem 19 Jh., typisch preußischer Bauart und sowohl im ersten Weltkrieg als auch im zweiten Weltkrieg relevant. Im Netz toll besprochen, wir fanden die Anlage aber eher langweilig…..doch was sollt es, so liefen, liefen, liefen wir und der Hund freute sich über den Spaziergang. Wir freuten uns ebenfalls, mal im Wald zu sein. Die masurischen Wälder sind dicht, dunkel und wir haben es nicht geschafft, an eine Wanderkarte zu kommen.
Die Anlage wurde ringförmig errichtet und sieht vermutlich aus der Luft am Beeindruckensten aus. Wir bekamen langsam von Bastionen, Kasematten und Kriegsgeschichten genug. Die Polen stehen auf solche Anlagen und spielen förmlich „besiegt die Deutschen“ gerne nach…..
Hier ein paar Burgimpressionen ohne Input und ohne echte Ordnung. Das Ding ist überwuchert, viele wilde Blumen erfreuten uns am Rand und am Beeindruckensten fand ich die Kulissen für sommerliche Solatenspielchen ( Festival im August) ….vermutlich mit Open Air Theater. Alles in Allem tat die Feste Boyen nicht weh, war aber auch nicht notwendig.
Wir ertappten uns dabei, dass wir die Blumen und Tierchen um uns herum interessanter fanden. als die militärische Anlage und den Rundweg abkürzten. Als mich dann auch noch ne fiese Pferdebremse biss, war es Zeit das militärische „ Wunderwerk“ zu verlassen…..immerhin der dichte Wald war sehr beeindruckend und als Kulisse für Filme eignet sich die Festung mit Sicherheit.
Zurück an der Drehbrücke war genau diese offen und wir konnten nicht nur Boote bei der Durchfahrt beobachten, sondern auch eine geschlagene Stunde auf das Schließen der Brücke warten! Emily ging derweil einer ihrer Sommerromanzen nach. Ihr erste Liebe, ein wuscheliger Malteser lief ihr am nächsten Tag sogar nochmal beeindruckend nach. Der kleine Westie war aber eindeutig mehr unser Geschmäckle.
Unseren Nachmittag verbrachten wir faul in Upalty. Wir saßen am See und genossen Fisch…..von Fleisch hatten wir zumindest vorerst mal genug. Mathias traute sich an Aal in Aspik, der wider Erwarten sehr lecker war, ich blieb bei Piroggen mit Hecht und gab mal wieder die Hälte ab. Nach einer Woche polnischer Kulinarik sehne ich mich fast nach kosmopolitischer Askese.
Am nächsten Tag starteten wir Richtung Rastenburg, polnisch Ketrzyn und vor dort weiter nach Görlitz, jetzt Gierloz…..mit mulmigen Gefühl. Muss man unbedingt die Wolfsschanze, das „Führerhauptquartier“ der Jahre 41-44 gesehen haben? Überall stieß man auf Werbung, sah gesprengte Bunker auf Flyern und gefühlt fuhr Jede/r , egal ob Pole oder Tourist, dorthin. Uns und unser merkwürdiges Magengefühl zog es also ebenfalls die rd 40km in den Wald und tatsächlich, der erste Eindruck ließ ein wenig an Disneyland denken.
Großer Parkplatz und professionelle Guides gingen auf Bauern,-aka Tourifang.
Uns gruselte vor waffenverrückten Polen und ewiggestrigen Neonazis, Reichsbürgern und Afdlern, die in Kübelwagen über das Gelände gefahren werden…doch Gott sei Dank, nichts da!!!!
Lageplan, die Wolfsschanze liegt im tiefen Wald von Görlitz/ Gierlosz
Die Erleichterung war groß, der Rundweg durch die Wolfsschanze konzentrierte sich auf Fakten, insgesamt stand das Attentat auf Adolfa Hitlera im Vordergrund und da tatsächlich alle Nazigrößen eingepolnischt worden waren, musste ich manchmal zweimal nachdenken von wem gerade gesprochen wurde! Adolfa erschien mit als hässliche weibliche Form von Adolf und bei Wilhelma Keitlera musste ich echt nachdenken, ob es die Dame wirklich gegeben haben könnte. So fiel bei uns Deutschen der normale „walk of shame“ ein wenig kleiner aus.
An das Attentat auf den Irren gedenken schießlich auch wir gerne, auch wenn mir das Heldentum der Polen gegenüber Stauffenberg ein wenig befremdlich vorkam. Schließlich war auch der Graf Nazi …wenn auch am 20.07.1944 ein geläuterter!
Was bleibt zur Wolfsschanze zu erzählen? Getarnt war die Anlage als Fabrik, gesichert mit 80.000 Minen um den gesamten Komplex. Sicherheitslücken gab es im Inneren, andernfalls hätte Stauffenberg die Bomben nicht in den Komplex bekommen. Es gab ein Kino, Kasino und Rollfeld. Hitler nutzte seinen Bunker lediglich 12 Tage, die Nazis sprengten die Wolfsschanze Anfang 45…..wobei dies kaum möglich war, die Bunkeranlagen bestanden Alle aus Stahlbeton, die Mauern waren mehrere Meter dick…..davon haben noch Generationen was.
Anbei ein paar Bildchen, sofern ich Erklärungen zu den Bunkern habe , sind diese unter den Bildern zu finden.
auf der Suche nach Munition, angeblich sind alle 80.000 Minen geräumt…wers glaubt?!
Spürwuff, war in Emily verliebt
Überreste des Hauses/ Baracke des Anschlags auf Adolfa Hitlera
Erinnerungstafel
nachgestellt
Bunkerreste, jeder Bunker hatte 2-6m dicke Wände….wegsprengen geht da nicht
Hitlers Bunker
Eingang verboten
Wir betrachteten die Wolfsschanze mit genügend kritischem Abstand, zum Teil lief ich durch die Anlage wie bei einer Ausgrabungsstelle. Angesichts der Farbgebung wähnte ich mich in Angkor Wat oder Tikal und versuchte zumindest die Bildkomposition ansprechend zu gestalten…..
Nach rd. einer Stunde waren wir ohne bleibenden Schaden wieder aus der Anlage raus, Emily hatte ihren kleinen Verehrer vom Vortag wieder getroffen, wir kehrten Adolfa und Wilhelma den Rücken zu!
Unser nächster Weg führte uns nach Heiligelinde, jetzt Swieta Lipka. Der Sage nach wurde eine Marienfigur an eine Linde genagelt (15 Jh.) die auch noch wohltätige Gaben vollbrachte.Während der Reformation zerstört, wurde um 1687-93 die Wallfahrtskirche Heiligelinde erbaut und gehört seit 1945 zum Camino Polska….also auf den Weg nach Santiago de Compostela!
die Kirche war früher gelb, sah besser aus
Gegenüber der Kirche steht ein altehrwürdiges Gasthaus in dem bereits Friedrich Wilhelm III gespeist hat. Wir taten es dem Sohn des alten Fritzen gleich und aßen Nudelsuppe im Sonnenschein!
Statt nach Ketzryn fuhren wir lieber nach Reszel/ Rössel. Dort lockte eine alte gotische Burg aus dem 14Jh. und eine hübsche Kirche ( Peter und Paul) ehemals protestantisch, jetzt katholisch. Nach einem Bummel durch das nicht überrestaurierte Nest fuhren wir mit den ersten Regentropfen des Tages wieder zurück nach Upalty.
Bei Tesco kauften wir Vodka, Zurecbasis und Gewürze für einen gelungenen polnischen Abend @home ein.
Abends ließen wir mal wieder lecker den Abend ausklingen und vertrödelten auf unserem Zimmer den Abend.
Unser zweiter Tag in den Masuren begann sonnig und schnell war klar….auf gehts nach Mikolajki, ehemals Nikolaiken. Vorher genossen wir mal kurz unseren See, unsere Aussicht, unsere Mühle….im SONNENSCHEIN!
Mikolajki ist der zweite Hotspot der masurischen Seenplatte und ungefähr 35 km von Gizycko entfernt.Der Ort wirkt lieblicher und eingängiger für einen Tagestrip, lag es nun am Wetter oder an der Tatsache, dass der Ort so malerisch an einem Kanal liegt ? Wir wissen es nicht, waren aber vom ersten Anblick der Ortschaft begeistert. Mikolajki oder Nikolaiken steht für den heiligen Sankt Nikolaus, dem Schutzpatron der Seefahrer und wurde bereits 1444 urkundlich erwähnt. 1726 wurde durch den preußischen König Friedrich-Wilhelm I Stadtrechte vergeben und genau wie Olsztyn, und Gizycko stimmte Mikolajki 1920 über den Verbleib im Deutschen Reich ab. Das Ergebnis fiel identisch wie in Lötzen aus, alle Stimmen für das Deutsche Reich, keine Stimme für Polen.Das weitere Schicksal ist hinlänglich bekannt…..bis auf eine Besonderheit: Mikolajki hatte keine Kriegsschäden zu verzeichnen und eventuell stellt sich deshalb der Ort heute so puppig dar?
Wir stellten unseren Wagen jenseits der Brücke über den Zulauf zum Spirdingsee ab und genossen vor der Brücke, in einem Lokal den Exklusivblick über das Wasser und auf den Ferienort.
Unser Exklusivplatz dür Bier und Aussicht
Wir schlenderten über die Brücke in den Ort und genossen Sonne satt. Mit uns war gefühlt Halbpolen auf den Beinen, Coronamaßnahmen? Fehlanzeige! Uns war manches Mal ganz Bange und wir hielten uns vornehm zurück.
Ich würde Mikolajki vermutlich als Standort unserem Gizycko ein wenig vorziehen ( auch wenn wir einen Tag später noch eine andere Ecken vom alten Lötzen kennenlernen durften), es sei denn man sucht die Einsamkeit….diese findet man hier auf keinen Fall.
interessante Bank-dat soll so!das Wappentier, der Fischschicke Hotels
Zum Mittag gab es eine Suppe mit Aublick und die besten süßen Piroggen unseres Urlaubs……gefüllt mit Blaubeeren, Vanillesoße und Obst! Sehr, sehr lecker……Zu unserer Ehrenrettung muss ich allerdings betonen, dass wir uns die Piroggen IMMER teilen und ich IMMER weniger von den Nudeltäschchen futtere. Ich bin trotzdem gespannt, wie die Waage in der nächsten Woche ächzen wird.
Da das Wetter am frühen Nachmittag wieder zu schwächeln anfing, fuhren wir über abenteuerliche Wege ( eine Umleitung führte uns auf Schotterpisten durch Felder und Wiesen) zurück nach Upalty. Mehrfach waren uns die Warnschilder zu Elchen und Wisenten aufgefallen ( auch in Upalty) , ein Highlight wäre so ein Tierchen schon gewesen.
Das Wetter hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch prima und so kam unsere Emily auf ihre Kosten. Wir gingen querfeldein über Wiesen und Felder und sogen ein wenig Landluft ein. Mich begeisterten die Wiesenblumen ( Korn und Mohn standen in voller Blüte) und ich drückte oft auf den Auslöser.
Sommer in den Masuren eine Distelart
Wenige Meter von unserer Unterkunft entfernt, begeisterten diese kleinen Freunde unseren Hund und uns….Mathias suchte sich sofort ein Gänslein aus und nannte sie Clara.
Während wir so durch Upalty und über die Felder stolperten, dachte ich über meine Internetrecherche im Vorfeld der Reise nach.Unter Anderem wurde unter dem Begriff „Sicherheit in Pl“ insbesondere vor den Masuren gewarnt. Dies sei der ärmste Teil von Polen, was an der Besonderheit der Zuwanderung und an der exponierten Lage zu Russland liegen würde….aha….unsicher haben wir uns bislang nie im Land gefühlt, egal wo wir uns aufgehalten haben! Womit der Reiseführer aber auf sicher recht hatte war die Betrachtung der wirtschaftlichen Lage. Nimmt man mal Gizycko und Mikolajki außen vor, betrachtet die Dörfer realistisch und nüchtern , kommt man auf das gleiche Ergebnis. Ja, Ermland-Masuren ist keine wohlhabende Gegend, vorbei die Zeiten der schicken Hütten in Pommern oder Schlesien. Hier wird noch mehr schlecht wie recht in den ostpreußischen Bauernhäusern bescheiden gewohnt. Stellt man sich die Bilder in s/w vor, käme man auf eine eine andere Zeitrechnung. Wir fragten uns mehrfach, ob die Häuser über Heizungen verfügen? Die Winter sind hier auf sicher bitterkalt!
Nachdenklich ginge wir zurück in unsere Unterkunft, so sehr Polen in den Metropolen und im westlichen Teil des Landes Westeuropa in nichts nachsteht…..für den östlichen Teil gilt dies noch lange nicht.
Unser Abendessen war wieder sehr fleischlastig, die Ente war aber einen Ausrutscher wert. Wir stiegen im weiteren Verlauf der Reise zunehmend mehr auf Fisch und vegetarisch um…..leider ist die Küche in Polen so dermaßen lecker, dass man schwer an sich halten kann.
Wir sind in den Masuren, für Geschichtsfans im „alten Ostpreußen“. Heute heißt das Gebiet Woiwodschaft Ermland- Masuren, Olsztyn ist die Hauptstadt des gesamten Gebietes.
Das Wetter erinnert an Hamburg im Hochsommer, mehr wie 17-18 Grad sind in 2020 nicht drin.
Vor unserer Abfahrt aus Danzig zogen wir uns nochmal Geld aus dem ATM und aßen ein letztes Frühstück im Nanas. Wir sind uns sicher, nach Danzig müssen wir nochmal! Wir verließen die Stadt in südöstlicher Richtung, ließen einen Stop in Elblag aus. Dort kann der Oberlandkanal bewundert werden, Schiffe die über Land gezogen werden. Aufgrund der Wetterlage bezweifelten wir ein Schiff auf dem Kanal und fuhren weiter nach Allenstein/ Olsztyn. Fast jeder Berlin/in kann seine Wurzeln nach Pommern, Ostpreußen oder Schlesien zurückverfolgen. Bei mir liegen die Wurzeln meiner Großmutter väterlicherseits in Schlesien, bei Mathias in Ostpreußen im genau diesen Allenstein sowie im früheren Königsberg/ Kaliningrad. Nach rd. 2,5 Std Autofahrt kamen wir in Olsztyn an und erkannten sofort Häuserzeilen die man in Lichterfelde Ost oder in der Bahnhofstraße in Lichtenrade findet.
Laut meinem Reiseführer machte die Architektur den Polen und Ukrainern nach ihrer Ansiedlung ab 1945 schwer zu schaffen. Sie hatte wenig gemein mit der alten Heimat und führte nicht dazu bei, dass Ihnen die Gebiete heimisch wurden. Gerade in Schlesien wurde in den ersten Jahren nur in den Häusern gelebt, eher heruntergewirtschaftet als erhalten und restauriert. Das Bewusstsein kam erst später, umso schöner das vielerorts das alte Stadtbild doch noch erkennbar ist. Allenstein hat eine lange Geschichte und einige berühmte Söhne und Töchter der Stadt. Hervorheben möchte ich Nicolaus Kopernikus, der in Thorn geboren wurde, aber mehrere Jahre im Allensteiner Schloß lebte und an der Astrologie arbeitete.
Wir betraten die Altstadt durch das berühmte Tor und schlenderten über den alten Marktplatz. Schön erkennbar sind die sozialistischen Versuche mit Beton ein altes Stadtbild zu zaubern, als auch die besser gelungenen Versuche der heutigen Nachwendezeit.
Mathias Urgroßvater kam aus Allenstein, hatte die Stadt aber bereits weit vor dem zweiten Weltkrieg verlassen und in Berlin eine Familie gegründet. Dennoch war ein wenig Spurensuche bei unserem Besuch mit dabei. Da die Straßennamen logischerweise keinen deutschen Hintergrund mehr hatten, Olsztyn sich nach dem Krieg enorm vergrößert hatte, beschränkte sich unsere Suche im Vorfeld mehr auf das www, im heutigen Stadtkern wurde man nicht mehr fündig.
Ein Highlight von Olsztyn ist die Burganlage, in der Kopernikus gewirkt und gehandelt hat. Wir ersparten uns einen intensiven Besuch dieser ( kleine weiße Hunde dürfen ihr Wissen nicht erweitern), liefen aber einmal um den Komplex herum.
Nicolaus Kopernikus
Wir kehrten gegen Mittag in eine vegetarische Milchbar ein, aßen uns durch ein Chili sin Carne und Zuchinisuppe. Mit einer halben Pizza Margerita und ein wenig Sonnenschein war der kleine Abstecher nach Olsztyn wirklich toll.
Mit ein ein paar Bildern aus der Innenstadt, zum Teil in schönster Erinnerung an Berliner Außenbezirke, machten wir uns wieder auf den Weg.
Ich hatte imVorfeld ein paar Infos aus Allenstein eingeholt und ein paar davon will ich mal weitergeben. Allenstein hatte im Jahr 1920 die Wahl, ob es weiterhin in Ostpreußen, im deutschen Reich verbleiben möchte, oder lieber dem neu gegründete Polen zugehören wollte. Die Entscheidung ging zugunsten der Deutschen und zwar mit fast 99% der Stimmen. Heute leben noch rd 400 Deutsche in der Stadt, seit der Versöhnung und Annäherung der 90er Jahre ist wieder ein Deutscher Club erlaubt, der komischerweise Mitgliederzahlen in die Tausende verzeichnet. In den letzten Kriegstagen war es den Deutschen verboten, sich gen Westen zu bewegen, die „Festung“ Allenstein sollte unter allen Umständen gehalten werden. Erst kurz vor knapp konnten sich Tausende noch retten, für ein Lazarett kam jede Hilfe zu spät. Die Rote Armee nahm am 22.01.1945 die Stadt ein und ermordete jeden Patienten und das gesamte Personal im Hospital. Schreckliche Verwüstungen ergingen über Allenstein, umso schöner das der Wiederaufbau gelungen ist.
Wir verließen Ermland und fuhren weiter in die Masuren, ganz weit im Nordosten Polens. Unser Ziel, Gizycko/ Lötzen liegt nur noch rd. 30-40 km von der russischen Grenze entfernt und auch das Wetter mutete russisch an. Luftlinie nach Kaliningrad rd. 100 km……schade, dass man nicht so einfach und in Coronazeitem noch viel schwieriger dort hin kommt.
Wir hatten uns für sieben Nächte in Upalty, sechs km außerhalb von Lötzen in eine alte Mühle eingemietet. Diese war weit über 100 Jahre alt und wurde von einem Antiquitätenliebhaber liebevoll aufgebaut und authentisch restauriert und möbliert. So kam es, dass wir in einem 2x2m großen Überbleibsel aus ostpreußischer Zeit schliefen, in diesem Bett sind vermutlich ganze Generationen großgezogen worden. Die Mühle ist wunderschön und hat eines der besten Restaurants der Umgebung, sehr gelobt über Trip Advisor. Wer also was Authentisches sucht, die Stary Mln ist sehr zu empfehlen. Sie liegt auch direkt an einem Badesee und die Möglichkeit auf ein kühles Bad ist zu jeder Tages,- Nachtzeit gegeben.
Bitte zurücklehnen und genießen:
An diesem ersten Abend lernten wir die wirklich gute Küche der Alten Mühle kennen. Auf der Karte waren wirklich nur masurische Gerichte, touristischen Einheitsbrei suchte man vergeblich. Da sich bei uns so langsam Müdigkeit vom schweren Essen bemerkbar machte, verblieb ich an diesem Abend bei Kartoffelpuffer und Pilzsoße, Mathias aß Wildgulasch……..naja, polnisch eben.
Wir gingen früh ins Bett und verloren uns fast in genau diesem. Selbst Emily konnte sich der Länge nach ausbreiten und wir hätten immer noch drei Kinder aus der Nachbarschaft einladen können.
Am nächsten Tag hatte uns das Schietwetter aus Deutschland endgültig eingeholt, 15 Grad und zum Teil fieser Regen.
Wir besuchten unsere Nachbarstadt Gizycko, ehemals Lötzen. Glaubt man den Reiseführern ist der Ort einer der beiden Tourizentren der Masuren. Wir waren überrascht wie städtisch Gizycko daherkam, Tourismus gar nicht auf dem ersten Blick so erkennbar. Mit Blick in Wikipedia hatte Lötzen in den Kriegsjahren ebenfalls wenig zu lachen, die Russen nahmen am 25.01.45 die Stadt ein und zerstörten diese ebenfalls systematisch.Auch hier hatte sich die Bevölkerung für den Verbleib im Deutschen Reich ausgesprochen und auch hier wurden die Einwohner ab 1946 vertrieben….sie durften eine dicke Zeche bezahlen. Sie reihten sich in die 12-14 Mio Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg ein. Wir bummelten durch die Stadt, schauten uns die Kirche von Schinkel von außen an und waren erstaunt, dass diese evangelisch geblieben war. Die Festung Boyen ersparten wir uns an diesem Tag. Die touristische Seite von Lötzen beschränkte sich auf den Löwentinsee und die Marina. Ebenfalls gibt es einen sehr schönen Badestrand, der allerdings bei 15 Grad wenig einladend war. Wir schlenderten rd. eine Stunde durch den Ort, stöberten auf dem alten Waldfriedhof herum, ersparten uns bei dem Wetter den alten Wasserturm und standen vor dem ältesten Haus von Lötzen, einer alten Bäckerei.
Die alte Bäckerei
Die Hauptstraße von Gizycko hatte übrigens wieder diesen Bahnhofstraßencharme……
Unser Nachmittag. ist schnell erzählt, wir hatten alle Drei ein wenig mit dem Magen zu tun und verzogen uns auf unsere Schlafinsel mit angrenzendem Badezimmer. Mathias lag später mit dem Hund auf der Holzschaukel und schlief ein wenig in der Sonne, die sich tatsächlich am Spätnachmittag sehen ließ.
Unser Abendessen fiel zumindest für mich kleiner aus, Fischsuppe und Fisch aus dem See. Mathias versuchte sich an der polnischen Ente mit Rosinen.
Ein grandioser Sonnenuntergang entschädigte für das Regenwetter am Tage.
Unser letzter Tag in Danzig galt den Verteidigungsanlagen. Die Burg an der Weichselmündung wollte ich bloss sehen, weil mir die Optik so gut gefallen hat. Das Wetter war weiterhin strahlend, zumindest als wir ohne Frühstück das Haus verließen. Die deftige Küche zahlte Tribut, wir hatten keinen Hunger mehr!
Die Festungsanlage an der Mündung diente als Zollhaus und wurde 1482 erbaut. Bereits der Deutsche Orden hatte einen Vorgänger errichtet. Um die Zeche nicht zu prellen wurden übrigens Ketten über den Fluss gespannt, clever nicht wahr? 1562/63 umgab man den Turm mit einem Wehrsystem, errichtete Kasematten und Bastionen. Es folgten Kasernenanlagen und ein Wehrgraben. Wir schauten uns die Anlage von außen an, Emily bewunderte verbotenerweise die Kanonen in dem Kasematten von innen. Weder Festung noch Hund haben Schaden genommen!!!!!
Zurück zum Auto stellten wir fest, dass sich der Wind gedreht hatte und aus blau, tiefschwarz geworden war. Wir legten die letzten Kilometer bis zur Westerplatte noch im Trockenen zurück, pünktlich mit dem dortigen Eintreffen öffneten sich die Schleusen.
Der Begriff Westerplatte ist wie Auschwitz nicht ins Polnische übersetzt worden, diese Begriffe blieben als Eigenwörter auch nach 1945 erhalten.
Die Westerplatte ist eine Halbinsel, auf der die Polen, laut der Sonderrechte nach dem Versailler Verträgen eine eigene Militärbasis errichteten. Diese Halbinsel wurde ,zeitgleich mit der polnischen Post in der Innenstadt, am 01.09.1939 von den Deutschen angegriffen und von 189 polnischen Soldaten sieben lange Tage gehalten. Die Deutschen waren in der Übermacht (4000 Soldaten) und hatten sich den Vorstoß auf die Westerplatte einfacher vorgestellt.
Für die Polen ist die Halbinsel großer Zirkus, die Kämpfer werden als Helden verehrt. Man kann altes Kriegsgedöns kaufen und hört im Wald Schüsse aus Schießständen……wirklich wahr!
Wir verkrochen uns aufgrund der Wetterlage erstmal in eine zerbombte Ruine und harrten der Dinge. Aufgrund von Corona entschieden wir uns aber schnell zum weiteren Spaziergang im strömenden Regen, zu viele Menschen unter einem zerbombten Dach!
Unsere Zufluchf
Um den arglosen Menschen und damit auch dem Virus zu entkommen schritten wir mit schleunigen Schritten zum Denkmal und entschlossen uns kurz vor dem Hügel, nicht ganz bis nach oben zu gehen. Es regnete einfach zu stark!
Mahnmal
Das Mahnmal erinnert an ein in die Erde gerammtes Schwert, ziemlich gelungen…..auch wenn wir nicht bis nach oben gelaufen sind.
Kaum drehten wir dem zentralen Punkt der Westerplatte den Rücken zu, kam die Sonne wieder zum Vorschein und wir konnten uns wenigstens dem Open Air Museum widmen. Sehr interessant aufbereitet und mit den wesentlichen Informationen zum Beginn des Zweiten Weltkrieges ausgestattet.
Gegen 12:00Uhr waren wir wieder in Danzig, nun knurrte auch uns Essunwilligen der Magen und wir besuchten unsere Milchbar, keine zwei Minuten vom Hotel entfernt. Ihr erinnert Euch an meine kurze Einleitung zum Thema Milchbars….eine alte Institution, polnische Hausmannskost zu sensationellen Preisen im Kantinensril,wobei unsere Premiere sehr schick daherkam!
Es gab Bigocz, Sauerkraut mit Fleisch, Gurkensalat und Brot. Zum Nachtisch die wirklich besten Piroggen von Danzig. Mit Getränk kam das feudale Brunch keine sechs Euro, was will man mehr? Viele Touris nehmen diese Erfahrung mit.
Unser Nachmittag ist schnell erzählt. Mathias kaufte auf dem Markt die Wurstbestände leer und wir erkundeteten nochmals die Ulica Mariacka, die Frauengasse.
Blick auf die „dicke Marie“
In einem der kleinen Läden konnte ich mal wieder nicht wiederstehen!
Ab 15:30 fröhnten wir dem süßen Nichtstun, ich schrieb die Blogbeitrader letzten Tage, Mathias schlief. Erst gegen 20:30 liefen wir zur Pierogarnia und aßen Zurek und letztmalig Piroggen….auch süße mit Blaubeeren, toll!
Das Wetter hielt und ich verabschiede mich aus Danzig mit ein paar schönen Nachtaufnahmen.
Ein typisch polnischer Sommersonntag! Nach unserem Frühstück fuhren wir nach Zoppot/Sopot dem mondänen Badeort an der Ostsee. Dieser hatte seinen Höhepunkt zwischen den beiden Weltkriegen, das Kurhaus und das Grandhotel sind stumme Zeugen. Sopot ist der beliebteste Badeort in Polen und tatsächlich tummelten sich Massen auf Europas längster Seebrücke, quasi dem polnischen Sylt ohne Gosch.
Auf dieser fand ein Foodfestival statt und auch wir genossen die Sonne bis zum Sonnenbrand im Liegestuhl. Die Brücke ist übrigens 500m lang und sehr gut besucht-Coronaregeln Fehlanzeige, gleiches gilt für das Foodfestival.
Anschließend machten wir den Strand unsicher, Emily durfte sich zwar auf diesem bewegen aber nicht ins Wasser. Was für eine blöde Regel! Dennoch war unser Hundemädchen verbotenerweise im Wasser und nachdem wir zu 100% eingesandet waren, machten wir uns auf den Weg zur Ulica Monte Cassino.
Dort kehrten wir in das älteste Pub der Welt ein. Mathias kostete eine polnische Zurec, Sauermehlsuppe….klingt eklig, schmeckt lecker.
Im Anschluss fand die große Flucht statt, Zopot war einfach viel zu voll, wir bekamen es ein wenig mit der Angst zu tun. Schließlich waren wir auch in Polen, da uns im Vorfeld der Reise bei, Betrachten der deutschen Strände Angst und Bange wurde Vor unsere Rückfahrt nach Danzig bewunderten wir noch das berühmteste Haus der Stadt,Hundertwasserarchitektur nicht unähnlich.
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Zurück in Danzig legten wir uns für eine Stunde hin und ließen Emily anschließend im Hotel zurück. Aufgrund der Pandemie wurden die Zimmer nicht geputzt, Emily hatte ihre Ruhe.
Unser Ziel war Malbork/Marienburg, die größte Backsteinburg der Welt, natürlich Weltkulturerbe. Der Deutsche Orden hatte diese Burg ab dem 13 Jh. errichtet, und wurde 1309 Hauptsitz eines eigenen Staates.Zunächst wurde die Gesellschaftsburg errichtet, ein späteres Kloster welches auch „obere Burg“ genannt wurde. Die mittlere Burg entstand gegen 1310, der Palast des Großmeisters wurde zwischen 1382-1399 fertiggestellt. Malbork ist bereits seit 1457 polnisch und wurde 1997 in die Liste der Unesco aufgenommen. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Burg stark zerstört und wieder mal konnten die Polen ihr handwerkliches Talent unter Beweis stellen, die Burg ist in einer Topverfassung!
Wir parkten unseren Wagen am Nogatufer und genossen den spektakulären Blick über den Fluss, den man nur hat, wenn man mit dem Auto anreist. Die Ortschaft Malbork liegt auf der anderen Seite, wer mit dem Zug kommt, wird weniger beeindruckt sein.
Wir waren Corona an diesem Tag mehr als dankbar. Normalerweise kommt man nur mit Führung in die Anlage, muss sich durch alte Waffen und andere Devotionalien quälen und sieht vor lauter Touristen (50.000 tgl) die Anlage nicht. Die Führung dauert bis zu drei Stunden und wäre definitiv nichts für uns gewesen. Dank des Virus wurde eine Außenführung von einer Stunde, mit Audioguide entwickelt……genau das Richtige. Außerdem werden nur 300 Menschen aufs Gelände gelassen, unsere Körpertemperatur wurde im Vorfeld gemessen, aha…es gibt tatsächlich Auflagen in PL, wir hatten bislang noch nichts mitbekommen!
Die Tickets der „ green tour“ hatten wir uns bereits in Berlin über das www besorgt, was eine gute Idee gewesen ist, die Audioguideführung war ausverkauft.
Die Führung war kurzweilig, wir lernten viel über die Burganlage und bewegten uns immer draußen auf dem Gelände, der Königin sei Dank.
Eingang mir NamensgeberinMaria und das Jesuskind, Kunst aus dem 13. Jh., 8 m hoch und aus Holz. Außenfassade der St. Marienkircheeine KircheObere BurgMittlere Burgmit der Kette werden Falltore geschlossenverwunschenKüchengebäude in der Mittleren BirgMühlenrädergedeckter GrabenPalast des Hochmeosters, wir stehen im trockenen BurggrabenPalast des Hochmeosters
Dank des tollen Wetters (Sonne, Wolken,26 Grad) hatten wir schöne Aussichten und viel Spaß.
Gegen 19:30 Uhr waren wir wieder im Gdansk, Emily freute sich, dass die Oldies wieder heile zurück waren und wir machten uns mit knurrenden Magen auf den Weg.
Die Restaurants waren am Langenmarkt alle viel zu teuer oder boten nur Burger und Pizza. Schlussendlich wurden wir am goldenen Tor fündig und aßen mal wieder Ribs….meine letzten in diesem Urlaub, auch wenn sich Emily immer wie Bolle freut und auf die Knochen lauert. Das Essen in Polen zahlt seinen Tribut…..man kann zusehen, wie man auseinandergeht!
Während des Essens fing es wieder an zu regnen, die übliche Sintflut ging über Danzig runter.
Mathias bekam in Nanas Pierogarnia seine Entenpiroggen und im wahrsten Sinne genudelt und gerollt lagen wir gegen 22:30 im Bett. Aufgrund der Wetterlage verschoben wir nochmalige Nachtfotos.
Wir schliefen an unserem ersten Tag in Danzig erstmal aus und schlurften gegen 9:00 Uhr zu Nanas Pierogania um dort für 20 Zlotys ein wirklich gutes Frühstück zu genießen. Nicht das ich jeden Tag drei Eier am Morgen verputzen möchte, der Preis mit 4,60€ inkl. Kaffee ist aber einfach unschlagbar. Im Novotel wollten Sie von uns 16€ pP. für das Frühstück haben, quasi eine Frechheit für Polen.
Die Sonne schien, es hatte sich über Nacht abgeregnet, bereits am Morgen waren es rd. 19 Grad. Wir aßen draußen und freuten uns wie kleine Kinder, dass der Wettergott gnädiger war als über alle Webseiten verkündet. Wir lernten in den nächsten Tagen aber sehr wohl, dass Vorhersagen für diese Region quasi unmöglich sind……eine tägliche Husche, auch bei trockenem, stabilen Küstenwetter normal ist.
Nach dem feudalen Frühstück liefen wir vor zur Brücke und schauten uns das berühmte Panorama mit Wattenwölkchen an. Viele werden jetzt fragen, was ist eigentlich ein Krantor?
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Das ehemalige Krantor wurde zum Löschen von Schiffsladungen genommen, war zu seiner Zeit das Größte auf dem Kontinent. Wann war seine Zeit…..jetzt wirds spannend, tatsächlich wurde das Krantor schon 1363 erbaut und man lügt wohl nicht, wenn man behauptet es war das größte Krantor der damaligen Welt ( zur Erinnerung, Columbus war noch nicht in See gestochen). Wir bewunderten den Wumms am Ufer der Mottlau aus allen Perspektiven und setzen dann unseren Weg über den Langen Markt, der Langgasse bis zum goldenen Tor fort.
Hier möchte ich auf das Rechtstädtische Rathaus und dem Neptunbrunnen verweisen, wo auch in Coronazeitem das Leben tobte. Ich mag gar nicht an normale Zeiten denken, Danzig dürfte dann wohl nicht sehr schön sein.
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Am spitzen Turm verharrten wir kurz, der Turm fungierte früher als Gefängnis und ist legendär für die grausamen Foltermethoden im Gemäuer Heute kann Bernstein im Turm bewundert werden.
Danzig ist die Weltstadt des Bernsteins und auch ich hatte bereits im Vorfeld geplant mir einen Kettenanhänger zu kaufen, der natürlich nicht im Altweiberstil daher kommen sollte. In meiner Kindheit waren immer ältere Damen mit dem gelb-braunen Stein behangen und wenn es ganz schräg kam, konnte man noch kleine Insekten im Honigtopf bewundern! Ich sage wohl nichts Falsches, Frau von heute kann dem Bernstein nicht so viel abgewinnen…..selbst Mathias war erstaunt, als er meinen Wunsch vernahm. Näheres zu meinem Bernsteinwunsch, Corona in Danzig und dem Falt der fehlenden Kreuzfahrtschiffe an anderer Stelle.
Unser nächster Stop war die dicke Marie, die Marienkirche erbaut zw. 1343 – 1502. In ihrer Zeit war sie von 1525- 1945 evangelisch und mit Ende des Weltkrieges katholisch. Diesem Schicksal sind die meisten Kirchen östlich der Oder verfallen, Polen ist neben Brasilien, Mexiko und den Philippinen das katholischste Land der Welt. Was aber erhalten blieb, sind die alten evangelischen Inschriften, die deutsche Kanzel und andere Schmuckstücke. Auch die Nüchternheit, die man in katholischen Kirchen eher selten sieht blieb bestehen……sachlich, nüchtern, nordische Schönheit. Im Jahr 1603 hatte ein Blitz den Turm in Brand gesetzt, die rote Armee tat 1944 ihr Übriges, die Kirche war wie die gesamte Stadt Danzig zu 97% zerstört. Leider gingen auch 40% der Kunstwerke verloren, die die katholische Kirche aber nicht mit Gold und Kitsch ersetzte. Bereits 1946 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, 1955 die Kirche katholisch geweiht. Wir ersparten uns den Turm, da wir ja einzeln ins Gotteshaus gehen müssen, kleine weiße Wauzis sind auch mit bester Erziehung nicht gern in Kirchen gesehen. Da unser Hund zwar niedlich gucken kann, aber ihre Erziehung in solchen Momenten zu wünschen übrig lässt gingen wir getrennt in die Kirche und der/ die Andere stand mit dem heulenden Fellbündel vor dem Tor.
Deutsches Erbe
Weiter gings zur Frauengasse und dem Blick aufs Arsenal, bevor wir durch die Altstadt dem Stare Miasto liefen. Altstadt, häh….waren wir da nicht gerade? Nein, die Altstadt heißt in Danzig Rechtstadt, das Stare Miasto ( Altstadt) ist ein Nachbarbezirk und das Gdansk der kleinen Handwerkerzünfte und einfachen Leute. Es ist tatsächlich nicht älter als die Rechtstadt, hat aber auch ein paar sehr schöne Überbleibsel aus dem 14 Jh zu bieten.
Arsenal
Zunächst gab es einen Bierstop am Markt und einen Rundgang in genau diesem. Wir bewunderten die archäologischen Fundstücke und lernten erst später, dass der Standort des Marktes die Wiege von Danzig ist. Die Ausgrabungen zeigen einen alten Friedhof aus dem 8 Jh. Wir warfen ebenfalls einen Blick auf die kleine und alte Mühle von Danzig. Die kleine Mühle hattte nur acht Mahlräder und ist natürlich die ältere der beiden Stadtmühlen. Die Stary Mln hatte 18 Mahlräder, die notwendig waren um die freie Stadt Danzig zu versorgen. Von dem Zitel der freien Stadt war Danzig im 14 Jh. allerdings noch weit weg, der Deutsche Orden hatte den Bau angeordnet!
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Ich warf noch einen Blick in die St. Katharinenkirche, die ebenfalls im 14 Jh. gebaut, im Krieg zerstört und die Metamorphose von evangelisch nach katholisch hinter sich hat. Da eine Messe zelebriert wurde, blieb ich als gute Berliner Protestantin am Eingang, bei mir bleibt die Kirche eh eher im Dorf!
Wir schlenderten weiter und mit jedem Schritt wandelte sich die Stadt Danzig zum Gdansk von heute. Die Geschichte dieser Stadt ist unwiderruflich mit dem Schicksal der Polen, der Geschichte der Deutschen, dem deutschen Orden, dem Pingpongspiel der Mächtigen und Irren verwoben. Gdansk ist aber auch ein Zeichen des Friedens, der Hoffnung und der Solidarność. Unser Ziel war die ehemalige Leninwerft, der Geburtstunde von Europa, es roch förmlich nach Freiheit und Brüderlichkeit…. Ich kann mich noch gut an den Werftstreik von 1980-1983 erinnern, Lech Walesa der mit seinem Schnurrbart einem Schwerverbrecher nicht unähnlich sah. Die Bilder waren alle grau in grau und ich als Westmädel fand die Berichterstattung spannend, zeigte es mir doch eine ganz andere, graue Welt die kaum 500 km von Berlin entfernt lag. Mein Vater erzählte mir damals von den Werftanlagen in Stettin, die ebenfalls streikten und vom Piwo, welches die Männer bereits morgens um 7:00 Uhr tranken. Polen war irgendwie immer anarchisch im Sozialismus, schade das politisch gesehen das Land sich gerade wieder zurück entwickelt. Polen hat immer für sich und seine Rechte gekämpft und sich dabei immer zäh und unbeugsam gezeigt.
Was ich nicht wußte, bereits 1970 hatte es die ersten Toten und Proteste auf der Werft gegeben und die Streiks ab 1980 waren quasi eine Fortsetzung. Es ging um Arbeiterrechte und mehr Lohn und war dennoch ein Meilenstein zur Öffnung Europas. Über Polen lag in den Jahren 80-93 das Kriegsrecht, viele Meschen wurden verschleppt, Solidarność wurde verboten und arbeitete im Untergrund. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an meine Berichte aus Breslau 2019, dort wird dieser Zeit auch erinnert.
Wir bewunderten zunächst das Denkmal, welches an den Streik von 1970 erinnert und wandten uns dann der Werft zu.
Sowohl von außen als auch von innen standen wir am Tor und versuchten uns in die Geschichte hineinzuversetzen.
Ins Museum kamen wir mit Emily nicht, ich würde es aber Jedem empfehlen. Uns blieb nur das www….. Die Werft wurde Mitte der 90er geschlossen, als China mit Dumpingpreisen den Markt übernahm. Geplant ist ein zweites Dockland, nach dem Vorbild aus London zu schaffen. Gdansk wird sich weiter wandeln und die deutsche Geschichte abstreifen.
Wie deutsch war Danzig aber nun wirklich? Der Name „ Freie Stadt Danzig“ ist wohl Jedem ein Begriff, aber wie kam es zu der Bezeichnung? Danzig wurde als das deutsche Juwel in der polnischen Krone bezeichnet, 1939 „heimgeholt ins Reich“, durch die Nazis und von der roten Armee in Schutt und Asche gelegt, von polnischen Restauratoren nach alten Stichen, Bildern und Aufzeichnungen wieder liebevoll aufgebaut. Die Deutschen in Danzig mussten zu fast 100% ihr Zuhause verlassen, Polen wurden angesiedelt. Laut meinem Reiseführer hat es nie ein größere Zwangsumsiedlung wie die nach dem zweiten Weltkrieg gegeben. Danzig war semiautonom, eine Vereinbarung aus den Verträgen von Versaille und dem Völkerbund ( Vorläufer der UNO). Rund 80% der Bevölkerung war deutsch und der Status der Stadt störte die Nazis, so dass am 01.09.1939 hier das Schicksal seinen Lauf nahm! Zum Kriesbeginn komme ich nochmal zurück, nun aber zu den harten polnischen und deutschen Fakten! Danzig wurde 997 erstmalig erwähnt, es war polabisch, also polnisch und bereits christlich geprägt, was ziemliches Pech für Adalbert von Prag war, der Gygdanyzc als Teil von Prußen ( also Preussen) bekehren wollte. 1034 zerbrach Polen zum ersten Mal, 1113-1116 unterwarf Boleslaw III wieder gesamt Pommerellen, Krakau regierte in dieser Zeit die Stadt Danzig. 1221 eroberten kurzzeitig die Dänen die Stadt, verloren diese 1225. Im 13 Jh herrschte das Herzogtum Pommerellen über die Stadt, schlussendlich gelang unter Konrad I die brandenburgische Kontrolle von Danzig. Der Deutsche Orden griff ab dem 14 Jh in die Geschichte der Stadt ein und prägte mit seinen Kirchen das Stadtbild. Danzig wurde eine bedeutende Hansestadt und Mitglied der dt. Hanse. Von 1466 bis zur zweiten Teilung von 1793 gehörte Danzig zu Polen. Als größter Ostseehafen agierte die Stadt im internationalen Getreide,- u. Holzhandel. Ab 1793 gehörte Danzig zu Preußen und erhielt nach dem ersten Weltkrieg den bereits genannten Titel „ Freie Stadt Danzig“. Wer also behauptet, dass Danzig und die Gebiete drumherum ( Ostpommern) ja schon immer deutsch waren, der liegt mal eben komplett falsch. Der Küstenort Gdynia ist sogar erst 1939 von den Deutschen besetzt und zu Gotenhafen umbenannt worden…..es war also nie wirklich deutsch!
Von den Deitschen u. Russen zerstört, von den Polen wieder aufgebaut
Nach dem Werftbesuch schlenderten wir zum Museum des Zweiten Weltkrieges, bewunderten das Gebäude von Libeskind aber nur von außen, kleine weiße Hunde dürfen sich nicht weiterbilden! Da uns die Gräuel des Krieges durchaus in Krakau, Auschwitz, Yad Vashem und natürlich auch durch die Deutsche Aufarbeitung geläufig sind, war der Verzicht des Museums nicht schwerwiegend. Uns interessierte die Polnische Post, wo zeitgleich, mit dem Angriff auf die polnische Westerplatte, der 2. Weltkrieg am 01.09.1939 begann und die Welt in Schutt und Asche zerlegte.
das berühmte Museum
Durch die autonome Stellung von Danzig, bekamen die Polen Sonderrechte in der Stadt, unter Anderem ein eigenes Postwesen und eine Militärbasis auf der Halbinsel Westerplatte. Dort griff die Schleswig- Holstein die Militärbasis an, 189 Polen kämpften gegen 4000 deutsche Soldaten….bittere sieben Tage, danach war die Westerplatte besiegt!
Zeitgleich wurde die Polnische Post überfallen, die 58 Mitarbeiter verschanzten sich und erhofften Rettung aus Gdynia, die nicht kam. Wer nicht im Kampf fiel, wurde später von den Nazis exekutiert. Sowohl die Westerplatte als auch die Polnische Post gelten als Sympol für den polnischen Wiederstand gegenüber den Deutschen.
Nach so viel ernster Geschichte sollte wieder Leichtigkeit her! Wir liefen durch die Rechtstadt zurück und besuchten die Brigittenkirche,die als Schutzheilige der Solidarność in den 80er Jahren fungierte. Die heilige Brigitte gilt in Polen als Kultfigur, der Leichnam der schwedischen Dame wurde 1342 hier ausgestellt, ein Denkmal erinnert an Jerzy Popieluszko, ein Priester der 1984 durch den polnischen Geheimdienst ermordet wurde….also doch nichts mit Leichtigkeit in dieser soschönen Stadt.
Wir liefen über die Speicherinsel zurück ins Hotel und genossen ein paar Aussichten und Ansichten dieser Stadt. Als Kaffeesnack gabs Piroggen mit Apfel und Zimt.
Den späten Nachmittag verbrachten wir im Hotel mit einem Nickerchen und Schönheitspflege. Frisch aufgebrezelt schlenderten wir um 18:30 an das Ufer der Mottlau, um im Gdanske Bowke richtig edel und gut essen zu gehen. Wir hatten bereits in Berlin einen Tisch reserviert, der Tip stammte aus meinem DK Reiseführer. Wir aßen uns durch drei polnische Gänge ( Tartar, Dorsch und Hefeküchlein) und fabrizierten eine, selbst für deutsche Verhältnisse, ordentliche Restaurantzeche…wobei die Summe in D noch beträchtlich höher gewesen wäre.
Bevor wir aber das gute Essen genießen konnten, erwarb ich einen Bernsteinanhänger…..1351 Zlotys waren veranschlagt, ich erhielt 75% Nachlass ( Corona und die fehlende Kreuzfahrtindustrie lässt grüßen) und konnte meinen Anhänger für 75 Euro mein eigen nennen! Am Ende spendierte mein lieber Mann den Klunlee, quasi eine winwin Situation für mich!
Gut gestärkt traten wir uns am gegenüberliegenden Mottlauufer die Füsse in den Bauch. Es wurden keine Häuser angestrahlt…..gegen 21:40 Uhr packten wir die Stative zusammen, just in diesem Moment gingen die Lichter an!
An diesem Abend gabs nur noch Nachtfotos „aus der Hand“.
Das wir unsere Reise nach Danzig und in die Masuren antreten konnten war wohl nur ganz großes Glück, schließlich mussten Viele in meinem Umfeld ihre Pläne für den Sommer 2020 aufgeben oder umplanen. Ein Schutzengel musste uns bereits in 2019 begleitet haben, wir hatten uns schon weit vor Corona und Co. für eine elftägige Reise in unser Nachbarland entschieden. Umso mehr freuten wir uns, als auch Polen am 13.06.20 seine Grenzen wieder öffnete und wir rd. drei Wochen später unsere Reise starteten.
Ich bin entschiedener Polenfan, alle meine Trips waren toll. Allein im letzten Jahr war ich in Stettin und Breslau gewesen, 2017 zog es mich nach Schlesien, 2013 waren es ein paar Tage in Krakau. Mir gefallen die alten Häuser und ja, auch das deftige Essen. Die Polen sind freundlich, aufgeschlossene Menschen, man glaubt dies kaum wenn man nur die aktuellen politischen Entwicklugen im Land beobachtet.
Wir fuhren bereits um 3:40 Uhr aus Berlin los, Emily hatte uns ein wenig die Nacht geraubt. Das kleine weiße Fellbündel wollte etwas Gemeines vom Tag vorher loswerden und nachdem sie sich übergeben hatte, fanden wir nicht mehr in den Schlaf. So entschieden wir uns zur Abfahrt, fuhren aus Berlin in nordöstlicher Richtung hinaus und passierten zwei Stunden später den Grenzübergang Pommelen bei Stettin. Die Erleichterung fiel uns zentnerweise vom Herzen, wir waren in Polen…..Covid 19 war aufeinmal ganz weit weg.
Das Wetter schwächelte ein wenig, kurz hinter Kolberg fing es sintflutartig an zu regnen und dann war aufeinmal die Autobahn zu Ende. Wir lernten gefühlt jedes Nest in Pommern kennen, zum Teil sahen die Städte und Dörfer kaum anders aus als 1945, mit gepflegtem sozialistischen Charme. Um die Mittagszeit kamen wir in Gdynia an und fuhren durch eine komplett, nach dem Krieg neu errichtete Stadt. Von der vielgepriesenen Bauhausarchitektur sahen wir nicht so viel, nach Tel Aviv und Brasilia soll wohl Gdynia die meisten Häuser in diesem Architekturstil sein eigen nennen. Wir sahen postsozialistische Plattenbauten, Schandmale der Betonarchitektur über ganze Straßenzüge hinweg. Gdynia hatte schwer im Krieg gelitten, die polnische Marine hatte einen Stützpunkt vor Ort und systematisch wurde die Stadt zerstört und im 50er Jahre Einheitsrotz wieder erbaut. Neubauten werden allerdings sehr wohl wieder im Bauhaussril errichtet, so bleibt zu hoffen, dass Gdynia über die Jahre wieder hübscher wird.
Wir zogen zunächst Zlotys am ATM, suchten uns einen Parkplatz und erleichterten die Blase nach der viel zu langen und anstrengenden Autofahrt. Das Wetter war mit heiter bis wolkig zu bezeichnen, die Sonne stach gewaltig, sofern sie sich blicken ließ.
Wir schlenderten zur Mole, genossen die kleinen Optimisten im Segelkurs und bummelten über die Strandpromenade. Zu den hier gezeigten Segelschiffen und Marineschiffen gibts auch etliche Geschichten, ich erspare uns aber das Seemannsgarn.
Das Denkmal für Josef Conrad
Unser Hungerchen stillten wir mit einer sensationellen Fischsuppe und Piroggen, das Lieblingsessen für die nächsten elf Tage.
Am frühen Nachmittag standen wir uns geschlagene 45 Minuten bis nach Danzig, der Feierabendverkehr war grausig, jede Ampel war rot.
Unser Novotel lag auf der Speicherinsel, in Laufdistanz zu allen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Doch für diese war jetzt keine Zeit, wir waren viel zu kaputt um in Sightseeingfieber zu verfallen. Lieber verkrochen wir uns in unser kuscheliges Bett und erholten uns die nächsten zwei Stunden von den Strapazen der Nacht.
OLYMPUS DIGITAL CAMERAUnsere AussichtSpeicherstadt
Gegen 18:00 Uhr starteten wir bei schönstem Wetter nochmal durch. Wir bewunderten den langen Markt ( Dlugi Targ) und die passende Dluga (Langgasse) sowie unsere Speicherinsel, warfen einen Blick auf die tolle Uferpromenade und dem berühmten Krantor. Danzig ist nicht überrestauriert und wirkt damit sehr authentisch. Viel ist von der alten Rechtstadt ( Teil der Altstadt) nach 1945 heile geblieben, der Wiederaufbau wurde aber sehr schnell im Angriff genommen.
Speicjerstadt
Als wir die Langgasse inspizierten, die schönsten Fassaden bewunderten, ging auf Höhe des Rathauses die Welt unter, ein sintflutartiger Regenfall sorgte für eine nasse Strickjacke und einen Zwangsaufenthalt unter einem Caféregenschirm. Der Neptunbrunnen war an diesem Tag egal….
noch trocken
Gott sei Dank war die Husche binnen 15 Minuten vorbei und weiter ging die ziellose Erkundigungstour ohne Reiseführer und inhaltlichen Input……der kam erst am nächsten Tag hinzu. Dennoch mag ich das goldene Tor und den Stockturm gerne erwähnen.
Wir bewunderten die kleinen, traumhaften Gassen inklusive der tollen Hauseingänge. Bereits am ersten Abend waren wir so dermaßen angetan von unserem Urlaubsziel und da das Wetter hielt, gingen wir gegen 19:30 Uhr, direkt neben dem Krantor essen.
Frauengasse
Wir versuchten beide die Ribs, die wirklich überall in Polen zu haben sind. In der sehr poshen Variante mit Pickle und gefühlten Jack Potatoes ein gelungener Auftakt.
Das Wetter war mild, wir saßen draußen und freuten uns wie kleine Kinder. Im Nachgang bummelten wir zurück zur Langgasse und bestaunten die Spiegelungen auf dem Fluss.
Wir lauschten der sehr guten Band unter dem grünen Tor und liefen über die Brücke zurück auf die Speicherinselzurück zu unserem letzten Ziel: Nanas Pirogogania. Mein Mann musste unbedingt noch die kleinen herzhaften Dinger mit Ente und Cranberrysoße versuchen und war begeistert „die besten Piroggen seines Lebens“. Nanas wurde auch als unser Frühstückslokal auserkoren, die Nähe zu unserer Unterkunft machte dies möglich.
Neben dem Nanas liegt übrigens eine der berühmten Milchbars, in denen man keine Milch bekommt. Dafür sind die altgedienten Kantinen nicht nur beliebt sondern bekannt für super Essen zu unschlagbaren Preisen. Ich habe so eine Institution in Riga kennengelernt, das Erlebnis war durchweg positiv zu bewerten.
Gegen 23:00 Uhr lagen wir schlussendlich im Bett und erholten uns von den Anreisestrapazen.
Eim Wort möchte ich noch zu Corona und Covid 19 in Polen verlieren. Die Polen haben scharfe Vorgaben, die aber kaum eingehalten werden. Masken sieht man wenig, Menschenansammlungem dafür umso mehr. Die Menschen gehen mehr als entspannt mit dem Virus um, wirklich überraschend.
Wir waren erstaunt, wie voll Danzig ist…..allerdings sieht man mehr polnische Touristen, wenig Deutsche kaum andere Nationen. Die Polen scheinen den Virus verdrängt zu haben…..warten wir mal ab, ob die Reproduktionszahlen nach oben gehen. Immerhin, witzige Streetart hat sich dem Virus angenommen.