Ein typisch polnischer Sommersonntag! Nach unserem Frühstück fuhren wir nach Zoppot/Sopot dem mondänen Badeort an der Ostsee. Dieser hatte seinen Höhepunkt zwischen den beiden Weltkriegen, das Kurhaus und das Grandhotel sind stumme Zeugen. Sopot ist der beliebteste Badeort in Polen und tatsächlich tummelten sich Massen auf Europas längster Seebrücke, quasi dem polnischen Sylt ohne Gosch.
Auf dieser fand ein Foodfestival statt und auch wir genossen die Sonne bis zum Sonnenbrand im Liegestuhl. Die Brücke ist übrigens 500m lang und sehr gut besucht-Coronaregeln Fehlanzeige, gleiches gilt für das Foodfestival.
Anschließend machten wir den Strand unsicher, Emily durfte sich zwar auf diesem bewegen aber nicht ins Wasser. Was für eine blöde Regel! Dennoch war unser Hundemädchen verbotenerweise im Wasser und nachdem wir zu 100% eingesandet waren, machten wir uns auf den Weg zur Ulica Monte Cassino.
Dort kehrten wir in das älteste Pub der Welt ein. Mathias kostete eine polnische Zurec, Sauermehlsuppe….klingt eklig, schmeckt lecker.
Im Anschluss fand die große Flucht statt, Zopot war einfach viel zu voll, wir bekamen es ein wenig mit der Angst zu tun. Schließlich waren wir auch in Polen, da uns im Vorfeld der Reise bei, Betrachten der deutschen Strände Angst und Bange wurde Vor unsere Rückfahrt nach Danzig bewunderten wir noch das berühmteste Haus der Stadt,Hundertwasserarchitektur nicht unähnlich.
Zurück in Danzig legten wir uns für eine Stunde hin und ließen Emily anschließend im Hotel zurück. Aufgrund der Pandemie wurden die Zimmer nicht geputzt, Emily hatte ihre Ruhe.
Unser Ziel war Malbork/Marienburg, die größte Backsteinburg der Welt, natürlich Weltkulturerbe. Der Deutsche Orden hatte diese Burg ab dem 13 Jh. errichtet, und wurde 1309 Hauptsitz eines eigenen Staates.Zunächst wurde die Gesellschaftsburg errichtet, ein späteres Kloster welches auch „obere Burg“ genannt wurde. Die mittlere Burg entstand gegen 1310, der Palast des Großmeisters wurde zwischen 1382-1399 fertiggestellt. Malbork ist bereits seit 1457 polnisch und wurde 1997 in die Liste der Unesco aufgenommen. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Burg stark zerstört und wieder mal konnten die Polen ihr handwerkliches Talent unter Beweis stellen, die Burg ist in einer Topverfassung!
Wir parkten unseren Wagen am Nogatufer und genossen den spektakulären Blick über den Fluss, den man nur hat, wenn man mit dem Auto anreist. Die Ortschaft Malbork liegt auf der anderen Seite, wer mit dem Zug kommt, wird weniger beeindruckt sein.
Wir waren Corona an diesem Tag mehr als dankbar. Normalerweise kommt man nur mit Führung in die Anlage, muss sich durch alte Waffen und andere Devotionalien quälen und sieht vor lauter Touristen (50.000 tgl) die Anlage nicht. Die Führung dauert bis zu drei Stunden und wäre definitiv nichts für uns gewesen. Dank des Virus wurde eine Außenführung von einer Stunde, mit Audioguide entwickelt……genau das Richtige. Außerdem werden nur 300 Menschen aufs Gelände gelassen, unsere Körpertemperatur wurde im Vorfeld gemessen, aha…es gibt tatsächlich Auflagen in PL, wir hatten bislang noch nichts mitbekommen!
Die Tickets der „ green tour“ hatten wir uns bereits in Berlin über das www besorgt, was eine gute Idee gewesen ist, die Audioguideführung war ausverkauft.
Die Führung war kurzweilig, wir lernten viel über die Burganlage und bewegten uns immer draußen auf dem Gelände, der Königin sei Dank.
Dank des tollen Wetters (Sonne, Wolken,26 Grad) hatten wir schöne Aussichten und viel Spaß.
Gegen 19:30 Uhr waren wir wieder im Gdansk, Emily freute sich, dass die Oldies wieder heile zurück waren und wir machten uns mit knurrenden Magen auf den Weg.
Die Restaurants waren am Langenmarkt alle viel zu teuer oder boten nur Burger und Pizza. Schlussendlich wurden wir am goldenen Tor fündig und aßen mal wieder Ribs….meine letzten in diesem Urlaub, auch wenn sich Emily immer wie Bolle freut und auf die Knochen lauert. Das Essen in Polen zahlt seinen Tribut…..man kann zusehen, wie man auseinandergeht!
Während des Essens fing es wieder an zu regnen, die übliche Sintflut ging über Danzig runter.
Mathias bekam in Nanas Pierogarnia seine Entenpiroggen und im wahrsten Sinne genudelt und gerollt lagen wir gegen 22:30 im Bett. Aufgrund der Wetterlage verschoben wir nochmalige Nachtfotos.
Wir schliefen an unserem ersten Tag in Danzig erstmal aus und schlurften gegen 9:00 Uhr zu Nanas Pierogania um dort für 20 Zlotys ein wirklich gutes Frühstück zu genießen. Nicht das ich jeden Tag drei Eier am Morgen verputzen möchte, der Preis mit 4,60€ inkl. Kaffee ist aber einfach unschlagbar. Im Novotel wollten Sie von uns 16€ pP. für das Frühstück haben, quasi eine Frechheit für Polen.
Die Sonne schien, es hatte sich über Nacht abgeregnet, bereits am Morgen waren es rd. 19 Grad. Wir aßen draußen und freuten uns wie kleine Kinder, dass der Wettergott gnädiger war als über alle Webseiten verkündet. Wir lernten in den nächsten Tagen aber sehr wohl, dass Vorhersagen für diese Region quasi unmöglich sind……eine tägliche Husche, auch bei trockenem, stabilen Küstenwetter normal ist.
Nach dem feudalen Frühstück liefen wir vor zur Brücke und schauten uns das berühmte Panorama mit Wattenwölkchen an. Viele werden jetzt fragen, was ist eigentlich ein Krantor?
Das ehemalige Krantor wurde zum Löschen von Schiffsladungen genommen, war zu seiner Zeit das Größte auf dem Kontinent. Wann war seine Zeit…..jetzt wirds spannend, tatsächlich wurde das Krantor schon 1363 erbaut und man lügt wohl nicht, wenn man behauptet es war das größte Krantor der damaligen Welt ( zur Erinnerung, Columbus war noch nicht in See gestochen). Wir bewunderten den Wumms am Ufer der Mottlau aus allen Perspektiven und setzen dann unseren Weg über den Langen Markt, der Langgasse bis zum goldenen Tor fort.
Hier möchte ich auf das Rechtstädtische Rathaus und dem Neptunbrunnen verweisen, wo auch in Coronazeitem das Leben tobte. Ich mag gar nicht an normale Zeiten denken, Danzig dürfte dann wohl nicht sehr schön sein.
Am spitzen Turm verharrten wir kurz, der Turm fungierte früher als Gefängnis und ist legendär für die grausamen Foltermethoden im Gemäuer Heute kann Bernstein im Turm bewundert werden.
Danzig ist die Weltstadt des Bernsteins und auch ich hatte bereits im Vorfeld geplant mir einen Kettenanhänger zu kaufen, der natürlich nicht im Altweiberstil daher kommen sollte. In meiner Kindheit waren immer ältere Damen mit dem gelb-braunen Stein behangen und wenn es ganz schräg kam, konnte man noch kleine Insekten im Honigtopf bewundern! Ich sage wohl nichts Falsches, Frau von heute kann dem Bernstein nicht so viel abgewinnen…..selbst Mathias war erstaunt, als er meinen Wunsch vernahm. Näheres zu meinem Bernsteinwunsch, Corona in Danzig und dem Falt der fehlenden Kreuzfahrtschiffe an anderer Stelle.
Unser nächster Stop war die dicke Marie, die Marienkirche erbaut zw. 1343 – 1502. In ihrer Zeit war sie von 1525- 1945 evangelisch und mit Ende des Weltkrieges katholisch. Diesem Schicksal sind die meisten Kirchen östlich der Oder verfallen, Polen ist neben Brasilien, Mexiko und den Philippinen das katholischste Land der Welt. Was aber erhalten blieb, sind die alten evangelischen Inschriften, die deutsche Kanzel und andere Schmuckstücke. Auch die Nüchternheit, die man in katholischen Kirchen eher selten sieht blieb bestehen……sachlich, nüchtern, nordische Schönheit. Im Jahr 1603 hatte ein Blitz den Turm in Brand gesetzt, die rote Armee tat 1944 ihr Übriges, die Kirche war wie die gesamte Stadt Danzig zu 97% zerstört. Leider gingen auch 40% der Kunstwerke verloren, die die katholische Kirche aber nicht mit Gold und Kitsch ersetzte. Bereits 1946 wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, 1955 die Kirche katholisch geweiht. Wir ersparten uns den Turm, da wir ja einzeln ins Gotteshaus gehen müssen, kleine weiße Wauzis sind auch mit bester Erziehung nicht gern in Kirchen gesehen. Da unser Hund zwar niedlich gucken kann, aber ihre Erziehung in solchen Momenten zu wünschen übrig lässt gingen wir getrennt in die Kirche und der/ die Andere stand mit dem heulenden Fellbündel vor dem Tor.
Weiter gings zur Frauengasse und dem Blick aufs Arsenal, bevor wir durch die Altstadt dem Stare Miasto liefen. Altstadt, häh….waren wir da nicht gerade? Nein, die Altstadt heißt in Danzig Rechtstadt, das Stare Miasto ( Altstadt) ist ein Nachbarbezirk und das Gdansk der kleinen Handwerkerzünfte und einfachen Leute. Es ist tatsächlich nicht älter als die Rechtstadt, hat aber auch ein paar sehr schöne Überbleibsel aus dem 14 Jh zu bieten.
Zunächst gab es einen Bierstop am Markt und einen Rundgang in genau diesem. Wir bewunderten die archäologischen Fundstücke und lernten erst später, dass der Standort des Marktes die Wiege von Danzig ist. Die Ausgrabungen zeigen einen alten Friedhof aus dem 8 Jh. Wir warfen ebenfalls einen Blick auf die kleine und alte Mühle von Danzig. Die kleine Mühle hattte nur acht Mahlräder und ist natürlich die ältere der beiden Stadtmühlen. Die Stary Mln hatte 18 Mahlräder, die notwendig waren um die freie Stadt Danzig zu versorgen. Von dem Zitel der freien Stadt war Danzig im 14 Jh. allerdings noch weit weg, der Deutsche Orden hatte den Bau angeordnet!
Ich warf noch einen Blick in die St. Katharinenkirche, die ebenfalls im 14 Jh. gebaut, im Krieg zerstört und die Metamorphose von evangelisch nach katholisch hinter sich hat. Da eine Messe zelebriert wurde, blieb ich als gute Berliner Protestantin am Eingang, bei mir bleibt die Kirche eh eher im Dorf!
Wir schlenderten weiter und mit jedem Schritt wandelte sich die Stadt Danzig zum Gdansk von heute. Die Geschichte dieser Stadt ist unwiderruflich mit dem Schicksal der Polen, der Geschichte der Deutschen, dem deutschen Orden, dem Pingpongspiel der Mächtigen und Irren verwoben. Gdansk ist aber auch ein Zeichen des Friedens, der Hoffnung und der Solidarność. Unser Ziel war die ehemalige Leninwerft, der Geburtstunde von Europa, es roch förmlich nach Freiheit und Brüderlichkeit…. Ich kann mich noch gut an den Werftstreik von 1980-1983 erinnern, Lech Walesa der mit seinem Schnurrbart einem Schwerverbrecher nicht unähnlich sah. Die Bilder waren alle grau in grau und ich als Westmädel fand die Berichterstattung spannend, zeigte es mir doch eine ganz andere, graue Welt die kaum 500 km von Berlin entfernt lag. Mein Vater erzählte mir damals von den Werftanlagen in Stettin, die ebenfalls streikten und vom Piwo, welches die Männer bereits morgens um 7:00 Uhr tranken. Polen war irgendwie immer anarchisch im Sozialismus, schade das politisch gesehen das Land sich gerade wieder zurück entwickelt. Polen hat immer für sich und seine Rechte gekämpft und sich dabei immer zäh und unbeugsam gezeigt.
Was ich nicht wußte, bereits 1970 hatte es die ersten Toten und Proteste auf der Werft gegeben und die Streiks ab 1980 waren quasi eine Fortsetzung. Es ging um Arbeiterrechte und mehr Lohn und war dennoch ein Meilenstein zur Öffnung Europas. Über Polen lag in den Jahren 80-93 das Kriegsrecht, viele Meschen wurden verschleppt, Solidarność wurde verboten und arbeitete im Untergrund. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an meine Berichte aus Breslau 2019, dort wird dieser Zeit auch erinnert.
Wir bewunderten zunächst das Denkmal, welches an den Streik von 1970 erinnert und wandten uns dann der Werft zu.
Sowohl von außen als auch von innen standen wir am Tor und versuchten uns in die Geschichte hineinzuversetzen.
Ins Museum kamen wir mit Emily nicht, ich würde es aber Jedem empfehlen. Uns blieb nur das www….. Die Werft wurde Mitte der 90er geschlossen, als China mit Dumpingpreisen den Markt übernahm. Geplant ist ein zweites Dockland, nach dem Vorbild aus London zu schaffen. Gdansk wird sich weiter wandeln und die deutsche Geschichte abstreifen.
Wie deutsch war Danzig aber nun wirklich? Der Name „ Freie Stadt Danzig“ ist wohl Jedem ein Begriff, aber wie kam es zu der Bezeichnung? Danzig wurde als das deutsche Juwel in der polnischen Krone bezeichnet, 1939 „heimgeholt ins Reich“, durch die Nazis und von der roten Armee in Schutt und Asche gelegt, von polnischen Restauratoren nach alten Stichen, Bildern und Aufzeichnungen wieder liebevoll aufgebaut. Die Deutschen in Danzig mussten zu fast 100% ihr Zuhause verlassen, Polen wurden angesiedelt. Laut meinem Reiseführer hat es nie ein größere Zwangsumsiedlung wie die nach dem zweiten Weltkrieg gegeben. Danzig war semiautonom, eine Vereinbarung aus den Verträgen von Versaille und dem Völkerbund ( Vorläufer der UNO). Rund 80% der Bevölkerung war deutsch und der Status der Stadt störte die Nazis, so dass am 01.09.1939 hier das Schicksal seinen Lauf nahm! Zum Kriesbeginn komme ich nochmal zurück, nun aber zu den harten polnischen und deutschen Fakten! Danzig wurde 997 erstmalig erwähnt, es war polabisch, also polnisch und bereits christlich geprägt, was ziemliches Pech für Adalbert von Prag war, der Gygdanyzc als Teil von Prußen ( also Preussen) bekehren wollte. 1034 zerbrach Polen zum ersten Mal, 1113-1116 unterwarf Boleslaw III wieder gesamt Pommerellen, Krakau regierte in dieser Zeit die Stadt Danzig. 1221 eroberten kurzzeitig die Dänen die Stadt, verloren diese 1225. Im 13 Jh herrschte das Herzogtum Pommerellen über die Stadt, schlussendlich gelang unter Konrad I die brandenburgische Kontrolle von Danzig. Der Deutsche Orden griff ab dem 14 Jh in die Geschichte der Stadt ein und prägte mit seinen Kirchen das Stadtbild. Danzig wurde eine bedeutende Hansestadt und Mitglied der dt. Hanse. Von 1466 bis zur zweiten Teilung von 1793 gehörte Danzig zu Polen. Als größter Ostseehafen agierte die Stadt im internationalen Getreide,- u. Holzhandel. Ab 1793 gehörte Danzig zu Preußen und erhielt nach dem ersten Weltkrieg den bereits genannten Titel „ Freie Stadt Danzig“. Wer also behauptet, dass Danzig und die Gebiete drumherum ( Ostpommern) ja schon immer deutsch waren, der liegt mal eben komplett falsch. Der Küstenort Gdynia ist sogar erst 1939 von den Deutschen besetzt und zu Gotenhafen umbenannt worden…..es war also nie wirklich deutsch!
Nach dem Werftbesuch schlenderten wir zum Museum des Zweiten Weltkrieges, bewunderten das Gebäude von Libeskind aber nur von außen, kleine weiße Hunde dürfen sich nicht weiterbilden! Da uns die Gräuel des Krieges durchaus in Krakau, Auschwitz, Yad Vashem und natürlich auch durch die Deutsche Aufarbeitung geläufig sind, war der Verzicht des Museums nicht schwerwiegend. Uns interessierte die Polnische Post, wo zeitgleich, mit dem Angriff auf die polnische Westerplatte, der 2. Weltkrieg am 01.09.1939 begann und die Welt in Schutt und Asche zerlegte.
Durch die autonome Stellung von Danzig, bekamen die Polen Sonderrechte in der Stadt, unter Anderem ein eigenes Postwesen und eine Militärbasis auf der Halbinsel Westerplatte. Dort griff die Schleswig- Holstein die Militärbasis an, 189 Polen kämpften gegen 4000 deutsche Soldaten….bittere sieben Tage, danach war die Westerplatte besiegt!
Zeitgleich wurde die Polnische Post überfallen, die 58 Mitarbeiter verschanzten sich und erhofften Rettung aus Gdynia, die nicht kam. Wer nicht im Kampf fiel, wurde später von den Nazis exekutiert. Sowohl die Westerplatte als auch die Polnische Post gelten als Sympol für den polnischen Wiederstand gegenüber den Deutschen.
Nach so viel ernster Geschichte sollte wieder Leichtigkeit her! Wir liefen durch die Rechtstadt zurück und besuchten die Brigittenkirche,die als Schutzheilige der Solidarność in den 80er Jahren fungierte. Die heilige Brigitte gilt in Polen als Kultfigur, der Leichnam der schwedischen Dame wurde 1342 hier ausgestellt, ein Denkmal erinnert an Jerzy Popieluszko, ein Priester der 1984 durch den polnischen Geheimdienst ermordet wurde….also doch nichts mit Leichtigkeit in dieser soschönen Stadt.
Wir liefen über die Speicherinsel zurück ins Hotel und genossen ein paar Aussichten und Ansichten dieser Stadt. Als Kaffeesnack gabs Piroggen mit Apfel und Zimt.
Den späten Nachmittag verbrachten wir im Hotel mit einem Nickerchen und Schönheitspflege. Frisch aufgebrezelt schlenderten wir um 18:30 an das Ufer der Mottlau, um im Gdanske Bowke richtig edel und gut essen zu gehen. Wir hatten bereits in Berlin einen Tisch reserviert, der Tip stammte aus meinem DK Reiseführer. Wir aßen uns durch drei polnische Gänge ( Tartar, Dorsch und Hefeküchlein) und fabrizierten eine, selbst für deutsche Verhältnisse, ordentliche Restaurantzeche…wobei die Summe in D noch beträchtlich höher gewesen wäre.
Bevor wir aber das gute Essen genießen konnten, erwarb ich einen Bernsteinanhänger…..1351 Zlotys waren veranschlagt, ich erhielt 75% Nachlass ( Corona und die fehlende Kreuzfahrtindustrie lässt grüßen) und konnte meinen Anhänger für 75 Euro mein eigen nennen! Am Ende spendierte mein lieber Mann den Klunlee, quasi eine winwin Situation für mich!
Gut gestärkt traten wir uns am gegenüberliegenden Mottlauufer die Füsse in den Bauch. Es wurden keine Häuser angestrahlt…..gegen 21:40 Uhr packten wir die Stative zusammen, just in diesem Moment gingen die Lichter an!
An diesem Abend gabs nur noch Nachtfotos „aus der Hand“.
Das wir unsere Reise nach Danzig und in die Masuren antreten konnten war wohl nur ganz großes Glück, schließlich mussten Viele in meinem Umfeld ihre Pläne für den Sommer 2020 aufgeben oder umplanen. Ein Schutzengel musste uns bereits in 2019 begleitet haben, wir hatten uns schon weit vor Corona und Co. für eine elftägige Reise in unser Nachbarland entschieden. Umso mehr freuten wir uns, als auch Polen am 13.06.20 seine Grenzen wieder öffnete und wir rd. drei Wochen später unsere Reise starteten.
Ich bin entschiedener Polenfan, alle meine Trips waren toll. Allein im letzten Jahr war ich in Stettin und Breslau gewesen, 2017 zog es mich nach Schlesien, 2013 waren es ein paar Tage in Krakau. Mir gefallen die alten Häuser und ja, auch das deftige Essen. Die Polen sind freundlich, aufgeschlossene Menschen, man glaubt dies kaum wenn man nur die aktuellen politischen Entwicklugen im Land beobachtet.
Wir fuhren bereits um 3:40 Uhr aus Berlin los, Emily hatte uns ein wenig die Nacht geraubt. Das kleine weiße Fellbündel wollte etwas Gemeines vom Tag vorher loswerden und nachdem sie sich übergeben hatte, fanden wir nicht mehr in den Schlaf. So entschieden wir uns zur Abfahrt, fuhren aus Berlin in nordöstlicher Richtung hinaus und passierten zwei Stunden später den Grenzübergang Pommelen bei Stettin. Die Erleichterung fiel uns zentnerweise vom Herzen, wir waren in Polen…..Covid 19 war aufeinmal ganz weit weg.
Das Wetter schwächelte ein wenig, kurz hinter Kolberg fing es sintflutartig an zu regnen und dann war aufeinmal die Autobahn zu Ende. Wir lernten gefühlt jedes Nest in Pommern kennen, zum Teil sahen die Städte und Dörfer kaum anders aus als 1945, mit gepflegtem sozialistischen Charme. Um die Mittagszeit kamen wir in Gdynia an und fuhren durch eine komplett, nach dem Krieg neu errichtete Stadt. Von der vielgepriesenen Bauhausarchitektur sahen wir nicht so viel, nach Tel Aviv und Brasilia soll wohl Gdynia die meisten Häuser in diesem Architekturstil sein eigen nennen. Wir sahen postsozialistische Plattenbauten, Schandmale der Betonarchitektur über ganze Straßenzüge hinweg. Gdynia hatte schwer im Krieg gelitten, die polnische Marine hatte einen Stützpunkt vor Ort und systematisch wurde die Stadt zerstört und im 50er Jahre Einheitsrotz wieder erbaut. Neubauten werden allerdings sehr wohl wieder im Bauhaussril errichtet, so bleibt zu hoffen, dass Gdynia über die Jahre wieder hübscher wird.
Wir zogen zunächst Zlotys am ATM, suchten uns einen Parkplatz und erleichterten die Blase nach der viel zu langen und anstrengenden Autofahrt. Das Wetter war mit heiter bis wolkig zu bezeichnen, die Sonne stach gewaltig, sofern sie sich blicken ließ.
Wir schlenderten zur Mole, genossen die kleinen Optimisten im Segelkurs und bummelten über die Strandpromenade. Zu den hier gezeigten Segelschiffen und Marineschiffen gibts auch etliche Geschichten, ich erspare uns aber das Seemannsgarn.
Unser Hungerchen stillten wir mit einer sensationellen Fischsuppe und Piroggen, das Lieblingsessen für die nächsten elf Tage.
Am frühen Nachmittag standen wir uns geschlagene 45 Minuten bis nach Danzig, der Feierabendverkehr war grausig, jede Ampel war rot.
Unser Novotel lag auf der Speicherinsel, in Laufdistanz zu allen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Doch für diese war jetzt keine Zeit, wir waren viel zu kaputt um in Sightseeingfieber zu verfallen. Lieber verkrochen wir uns in unser kuscheliges Bett und erholten uns die nächsten zwei Stunden von den Strapazen der Nacht.
Gegen 18:00 Uhr starteten wir bei schönstem Wetter nochmal durch. Wir bewunderten den langen Markt ( Dlugi Targ) und die passende Dluga (Langgasse) sowie unsere Speicherinsel, warfen einen Blick auf die tolle Uferpromenade und dem berühmten Krantor. Danzig ist nicht überrestauriert und wirkt damit sehr authentisch. Viel ist von der alten Rechtstadt ( Teil der Altstadt) nach 1945 heile geblieben, der Wiederaufbau wurde aber sehr schnell im Angriff genommen.
Als wir die Langgasse inspizierten, die schönsten Fassaden bewunderten, ging auf Höhe des Rathauses die Welt unter, ein sintflutartiger Regenfall sorgte für eine nasse Strickjacke und einen Zwangsaufenthalt unter einem Caféregenschirm. Der Neptunbrunnen war an diesem Tag egal….
Gott sei Dank war die Husche binnen 15 Minuten vorbei und weiter ging die ziellose Erkundigungstour ohne Reiseführer und inhaltlichen Input……der kam erst am nächsten Tag hinzu. Dennoch mag ich das goldene Tor und den Stockturm gerne erwähnen.
Wir bewunderten die kleinen, traumhaften Gassen inklusive der tollen Hauseingänge. Bereits am ersten Abend waren wir so dermaßen angetan von unserem Urlaubsziel und da das Wetter hielt, gingen wir gegen 19:30 Uhr, direkt neben dem Krantor essen.
Wir versuchten beide die Ribs, die wirklich überall in Polen zu haben sind. In der sehr poshen Variante mit Pickle und gefühlten Jack Potatoes ein gelungener Auftakt.
Das Wetter war mild, wir saßen draußen und freuten uns wie kleine Kinder. Im Nachgang bummelten wir zurück zur Langgasse und bestaunten die Spiegelungen auf dem Fluss.
Wir lauschten der sehr guten Band unter dem grünen Tor und liefen über die Brücke zurück auf die Speicherinselzurück zu unserem letzten Ziel: Nanas Pirogogania. Mein Mann musste unbedingt noch die kleinen herzhaften Dinger mit Ente und Cranberrysoße versuchen und war begeistert „die besten Piroggen seines Lebens“. Nanas wurde auch als unser Frühstückslokal auserkoren, die Nähe zu unserer Unterkunft machte dies möglich.
Neben dem Nanas liegt übrigens eine der berühmten Milchbars, in denen man keine Milch bekommt. Dafür sind die altgedienten Kantinen nicht nur beliebt sondern bekannt für super Essen zu unschlagbaren Preisen. Ich habe so eine Institution in Riga kennengelernt, das Erlebnis war durchweg positiv zu bewerten.
Gegen 23:00 Uhr lagen wir schlussendlich im Bett und erholten uns von den Anreisestrapazen.
Eim Wort möchte ich noch zu Corona und Covid 19 in Polen verlieren. Die Polen haben scharfe Vorgaben, die aber kaum eingehalten werden. Masken sieht man wenig, Menschenansammlungem dafür umso mehr. Die Menschen gehen mehr als entspannt mit dem Virus um, wirklich überraschend.
Wir waren erstaunt, wie voll Danzig ist…..allerdings sieht man mehr polnische Touristen, wenig Deutsche kaum andere Nationen. Die Polen scheinen den Virus verdrängt zu haben…..warten wir mal ab, ob die Reproduktionszahlen nach oben gehen. Immerhin, witzige Streetart hat sich dem Virus angenommen.