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Brasilien 1999/2000 V: Salvador da Bahia

Wir kamen am späten Abend in Salvador da Bahia an. Unser Hostel lag in Pelourinho, in der Altstadt von Salvador. Diese liegt auf einem Berg, der sogenannten Oberstadt. Ähnlich wie in Lissabon werden Ober,- und Unterstadt mit einem Lift verbunden, dem Elevador Lacerda. Salvador ist die drittgeößte Stadt des Landes, mit rd. 2,8 Mio Einwohnern. Salvador ist die Geburtsstätte des Capoeiras und der grandios guten Musik. Fast Jede/r kennt Olodum und die magischen Trommeln. Selbst wenn man von der Band noch nie etwas gehört hat, den Song „They don’t care about us“ von Michael Jackson kennen die Meisten von uns…..Olodum trommelt im Hintergrund fleissig mit, das Musikvideo wurde ebenfalls in Pelourinho gedreht.

Unser Hostel existiert noch, ich würde wieder dort einziehen, sofern es mich in Postcoronazeiten nochmal nach Brasilien verschlagen sollte.

Nach dem Einchecken saßen wir müde und matt in unserem Schlafsaal. Wir hatten für die erste Nacht nur ein Zimmer für uns Sechs bekommen und bewunderten ausgiebig das Tropenkrankenhausambiente in dem Saal. Es sah aus wie in einem Film aus den 50erJahren, jedes Bett hatte sein Mosquitonetz, nüchtern betrachtet hätte es auch ein Feldlazarett aus dem 2. Weltkrieg sein können. Aufeinmal hörten wir die Trommeln und schnell wie der Wind standen wir gegen 0:00 Uhr auf dem Marktplatz von Pelourinho. Olodum trommelten des nächstens und die halbe Alststadt war auf den Beinen. …Nachtruhe ist in Brasilien ein Fremdwort.

Olodum begleitete uns durch die nächsten drei Tage, wir erstanden sogar Tickets für ein Konzert und gaben uns nach 3,5 Std. gegen 1:30 Uhr körperlich geschlagen…..Olodum spielte zu diesem Zeitpunkt immer noch weiter, wir waren einfach nur kaputt, kaputtgespielt könnte man sagen.

Eigentlich trommelte immer irgendeine Band auf dem Marktplatz, irgendwo gabe es immer ein Konzert. Für Musikbegeisterte ist Salvador da Bahia ein Traum und erschwinglich noch dazu. Salvador war weder chic noch hipp sondern einfach nur authentisch.

Natürlich fuhren wir auch hinunter in die Unsterstadt und bewunderten den Markt Modelo und das vorgelagerte Fort von Salvador.

Insgesamt sind mir die drei Tage unaufgeregt und entspannt in Erinnerung geblieben, wir genossen die Altstadtatmosphäre, die Backpacker und die Szene die sich bereits 2000 gegründet hatte. Wir vertrödelten enorm viel Zeit in einem kleinen Restaurant am Marktplatz, hier kam das Menü 4,50 DM. brasilianische Rastafariatmosphäre gab es gratis dazu.

Natürlich beschäftigten wir uns während unseres Aufenthaltes mit der Geschichte der Stadt, der Entstehung von Carpoeira und dem Einfluss der Sklaverei in Brasilien. Salvador da Bahia ist bis heute eine Schwarze Std d.h. die Einwohner sind Nachkommen afrikanischer Sklaven, die für den Zuckerrohranbau,-u. Handel aus Westafrika, über Portugal ( hier insbesondere Lagos an der Algarve) nach Braslien gebracht wurden. Bis 1763 war Salvador sogar Haupttadt von Brasilien, ehe die Rolle von Rio de Janeiro übernommen wurde, welche von Brasilia schlußendlich abgelöst wurde. Der afrikanische Einfluss ist in Bahia noch an jeder Straßenecke sichtbar, Candomblé als Alternative zum Katholizismus wird offen gelebt, afrikanische Einflüsse findet man ebenfalls im Essen als auch in der Musik wieder. Überall sieht man sehr hübsche Baianas in Landestracht, die ihre Kochkünste an Mann und Frau bringen.

Ganz Salvador ist ein großes Open Air Museum und wenn auch die Kriminalität im Vergleich mit Rio de Janeiro nicht geringer ausfällt, haben wir uns damals sehr wohl und sicher gefühlt.

Hier kommen zunächst ein paar Altstadtimpressionen:

Blick aus dem Hostelfenster

Pelourinho heißt übrigens Pranger und genau auf diesen Plätzen ( jeder Ortsteil hatte seinen eigenen Pelourinho) wurden die Leute zur Schau geführt, ausgepeitscht und auch getötet. Das Ganze geschah im Namen der Sklaverei, der portugiesischen Krone und unter den wachsamen Augen der katholischen Kirche.

Unser Lieblingsrestaurant

Unseren letzten Urlaubstag verbrachten wir in einem Wasserpark mit viel Rutschen und viel Planscherei. Brasilien hatte ein versönliches Ende genommen, nachdem die Stimmung durch den Riovorfall ein wenig gekippt war.

Ich flog mit Matthias damals nach Mexiko weiter, für den Rest unserer Truppe ging es nach Deutschland und Holland. Keine/r ist von je wieder nach Brasilien geflogen, Alle Sechs haben ein wenig gemischte Gefühle gegenüber dem schönen Land behalten. Mit 20 Jahren Abstand sitze ich zum Teil bewundernd von den Aufnahmen, insbesondere der Norden/ Nordosten, der Amazonas aber auch Bahia habe ich in schöner Erinnerung behalten. Nach 20 Jahren ertappe ich mich dabei, mal in Booking zu stöbern und wieder mal Tuchfühlung zum Land aufzunehmen. Leider ist die Sicherheitslage nach WM und Olympiade nicht besser geworden, ich mag an eine Postcoronazeit kaum denken….die Armut dürfte noch größer geworden sein, die Kluft von arm und reich noch größer. Ich verfolge gespannt die politische Lage in Brasilien, habe in den vergangenen Jahren oft den Kopf geschüttelt, Bolsonaro gehört zu meinen persönlichen Feindbildern. Leider konnte sich Brasilien nie von den kriminellen Banden, der Drogenmafia dem organisierten Verbrechen und der Korruption befreien. Es gehört mehr dazu, als nur die Favelas zu räumen und abzureißen…..

Zumindest in der jetzigen Zeit wird eine Rückkehr nach Brasilien eher ein Wunschdenken bleiben.

Ich habe in meinen Berichten sehr wenig zur Geschichte des Landes und der Städte geschrieben. Brasilien hat aber einige, faszinierende Stories auf Lager, das Schicksal des Landes lag über Jahrhunderte in der Hand der Europäer, wie so oft in der Kolonialhistorie wurde aber auch Braslien nach der Unabhängoigkeit fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Ich empfehle für weitere Recherchen Wikipedia.

Brasilien 1999/2000, I: MilleniumsWende in Rio ( Tinto)

Alle waren heiß auf ein besonderes Silvester 1999, der sogenannten Milleniumswende. Da lag es nicht so fern, als mein damaliger Freund ganz trocken seine Familie in Brasilien ins Spiel brachte. Silvester in Rio, nein nicht in de Janeiro sondern in Tinto—warum nicht? Es gab damals einen Südamerikaspezialisten in Berlin der sich uns und unserer recht kurzfristigen Planung annahm und nicht nur den Flugpass über VASP ( VASP was?- die Airline gibts es seit rd. 18 Jahren schon nicht mehr) sondern auch unsere Amazonastour buchte.

Am ersten Weihnachtsfeiertrag ging es von Tempelhof ( ja, richtig gelesen ) mit Sabena( Sabena was? Ja, auch die ist pleite) nach Brüssel. Dort wurde festgestellt, dass unser komplettes Ticketheftchen überholt war, ALLE Abflüge sich in den nächsten acht Wochen geändert haben und für fünf Reisende die Tickets angepasst werden mussten- merry x-mas!

Schlußendlich hockten wir in der „no thrill Airline“ und bewunderten die bezaubernden brasilianischen Kiddies. Meines Erachtens gehören die Blagen zu den süßesten auf der ganzen Welt.

Schon der Hinflug nach Südamerika brachte uns fast an unsere Grenzen. Wir landeten das erste Mal in Saõ Paulo um nach vier Stunden Wartezeit in die Maschine nach Recife zu kommen. Was wir nicht wussten, für uns ging es erstmal nach Goiania um dann nach Brasilia zu fliegen. Irgendwann saßen wir tatsächlich im Flieger nach Recife. Nach 28 Std. Fliegrei kreuz und quer über den Atlantik und durch Brasilien hatten wir es geschafft und standen vor Macon, der Schwiegersohn der Familie.

Unserer Vorstellung war Dusche, Essen, Bett…..was wir bekamen war Weihnachtstrubel am Strand von Boa Viagem und eine Kokosnuss zum Antesten. Total verschwitzt bewunderten wir die durchtrainierten Brasilianer am Strand und sehnten uns nach Wasser aus dem Duschkopf.

In unserer ersten Woche im Nordosten von Brasilien erfanden wir eine neue Maßeinheit „R“. Ein „R“ entsprach der Distanz Recife- Rio Tinto- rd. drei Stunden in einem Fünfsitzer zu sechst….ein Träumchen, welches wir zu lieben lernten. Insgesamt fuhren wir die Strecke mindestens 4x.

Unser Endziel war an diesem Tag nicht Rio Tinto, sondern Praia da Traiçaõ. Dort hatte Margarida ein Haus gemietet, welches heute noch buchbar ist ( Pousada Lua Cheia B&B). Damals war der Strand durch eine Stichstraße, rd. 20km von Rio Tinto entfernt erreichbar und ein untouristisches Fleckchen Erde ohne Hotels, Pensionen usw. Das wird sich vermutlich geändert haben.

An unserem ersten Abend gab es grandiose T-Bone Steaks und die ersten Caipirinhas.

Am nächsten Morgen sah die Welt super aus, wir hatten ausgeschlafen und machten unsere Umgebung unsicher und testeten das Wasser an. Hier ein paar Impressionen aus Traiçaõ:

Unseren ersten Tag verbrachten wir auf dem Wasser, an verlassenen Stränden in noch indigenen Orten unserer Nachbarschaft. Margarida und Macon hatten ein Boot gemietet und wir genossen das herrliche Meer und verbrannten ganz dolle.

In den darauffolgenden Tagen machten wir die Umgebung unsicher, wir besuchten Joaõ Pessoa und damit den östlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents.

Der Sonnenuntergang an der Praia Jacuma war leider nicht so spektakulär, immerhin endete nie unseere Caipirinhaversorgung .

Ein sehr schöner Ausflug führte uns nach Praia Grande do Norte, Baia Formosa und Praia da Pipa, bereits 1999 ein fetter Urlaubsort, vermutlich heute nicht mehr besuchbar.

Um nach Praia de Pipa zu kommen, war die Autofähre notwendig- interessante Konstruktion.

Hier ein paar Impressionen aus Pipa:

Am vierten Tag unserer Reise fuhren wir wieder mal das berühmte „R“ zwischen Rio Tinto und Recife und holten Freund John vom internationalen Flughafen Recife ab. Die nächsten drei Wochen waren wir schlußendlich zu Sechst unterwegs.

Damit das „R“ sich so richtig lohnte, besuchten wir die bezaubernde Altstadt von Olinda, der schönen…..quasi die Altstadt von Recife.

Am Silvestertag 1999 fuhren wir Richtung Natal. Ziel unserer Tour war die Sanddüne von Genipabu mit dazugehörendem Strand. Die Düne darf nicht betreten werden, in den Dünen im Hinterland kann man mit Stradbuggies durch die Dünen heizen, ein Abenteuer welches wir nicht ausließen.

Nachdem der Silvestertag schon mal gelungen war, war die Vorfreude auf die Milleniumswende umso größer. Margarida hatte in Rio Tinto ein Haus gemietet, sofern war die Toilettenfrage geklärt. Gefeiert wurde auf dem Marktplatz, es floss die Caipirinha und am Churascogrill brutzelte das Rind. Die Kinder fuhren Karusell, die gesamte Atmosphäre war unaufgeregt und sicherlich feierten wir eines der beschaulichsten Silvester unseres Lebens. Um 0:00 Uhr gab es ein Blitzfeuerwerk mit Saktschüssen und um 2:30 fing eine Lifeband an zu spielen.

Fotos kann ich von diesem fabelhaften Abend nicht mehr liefern, die Qualität der Nachtfotos ist nicht zeigbar.

Am nächsten Tag fuhren wir ein letztes „R“ und flogen mit der VASP über Brasilia nach Manaus- der Amazonas lockte.