Die letzte Nacht in Sesriem war grenzwertig,es fing an zu stürmen und unsere Hütte gab einen herrlichen Baustellenlärm von sich. Ächzende Verankerungen, schlagende Zeltplanen im Wind, irgendetwas Metallisches haute immer auf unser Dach…..mehr oder weniger zerschlagen saßen wir um 7:30 Uhr beim Frühstück und waren ziemlich froh, nicht bei Sturm in die Dünen zu müssen…..das hatte ich 2004 in noch weitaus schlimmerer Form und es war kein Zuckerschlecken, Der russischen Reisegruppe habe ich es gegönnt und unter „mieses Karma“ verbucht.
Die 89km nach Solitaire waren ein Klacks,Mathias beäugte immer argwöhnisch die Tankanzeige,die sich von einer Reichweite von 610km auf 390km herunterarbeitete….da stimmt eindeutig etwas nicht.
In Solitaire parkten, unverabredet Ute und Werner, das Paar aus der Gondwana Lodge, wieder neben uns ein. Es. gab ein freudiges guten Morgen, bevor ich eine kleine Runde „durch“ Solitaire drehte, Warum hält man in Solitaire? Diese Versorgungsstation besteht nicht nur aus Tanke, Lodge, dt. Bäckerei ( mit dem besten Apfelkuchen der Welt, natürlich!) sondern hat sich einen Kultstatus erworben, so das wirklich Jeder hier hält. Schaut selbst:
Nachdem wir Überlebenscracker gekauft hatten, den Kuchen ließen wir aus, der Tankwart uns versicherte, dass der Benzintank voll ist ( egal was die Anzeige sagt), machten wir uns auf die rd. 220km bis Walvis Bay. Vorher wollten wir nen kurzen Stop im Kuiseb Canyon und am „ Topic of capricorn“ Schild einlegen…….
Kaum 40 km hinter Solitaire, die Salzpad hatte unangenehmste Züge angenommen, die Geräusche waren widerlich, meinte Mathias nur gaaanz trocken „hier stimmt was nicht!“ Er hatte recht, es hatte uns den rechten Hinterreifen zefetzt! Nun haben wir uns also eingereiht in die Namibiareisenden mit Reifenerfahrung! Es gehört zum guten Ton einen Platten zu haben, mein Reiseführer gab sogar den Tip, gleich zwei Reservereifen bei sich zu führen!
Eine Zierleiste wurde ebenfalls wieder eingesammelt, auch diese hatten wir verloren.
Mathias und ich standen wie Rudi Ratlos und Susi Sonnenschein vor Namibi und räumten erstmal den Kofferraum aus, die Rucksäcke wurden zu Fahrer und Beifahrerin.
Als wir so langsam den Wagenheber aus dem Kofferraum gezerrt hatten, hielt ein südafrikanischer Wagen, deren Insassen uns aber nur „good luck“ wünschten und weiter fuhren. Keine zwei Minuten später hielten Ute und Werner neben uns und schlagartig fühlte sich die Misere, mitten in der Namibwüste, schon viel besser an! Leider stellten wir fest, das der Schraubenschlüssel fehlte, wir also die Radmuttern nicht würden lösen können! Verdammte Axt!!! Das Werkzeug von Werners Leihwagen ( Toyota Rav 4) passte auch nicht zum Renault Duster.
Unsere Rettung kam in Form eines namibischen Kennzeichens, zwei kernige weiße Farmerjungs sprangen aus dem Wagen, zerrten aus ihrem Geländewagen das notwendige Werkzeug und keine 10 Minuten später hatte Namibi wieder vier Schühchen an! Man beachte Mathias Haltung zum Geschehen, wir lachten uns im Nachhinein noch krumm…“er hielt peinlich den Covid Abstand ein“.
Vorsichtig fuhren wir die ersten Kilometer, großartige Stops wurden vermieden, Werner fuhr vorneweg und irgendwann sah man sie…sie warteten auf uns, wie lieb!
Etwas Gutes hatte dieser Zwischenfall aber doch: Unsere Tankanzeige funktioniert wieder!
Mein kluger Reiseführer gab Auskunft, dass Europcar im Protea Flamingo Bay in Walvis Bay eine Dependance hat und somit war unser Ziel geklärt. Erst die Flamingos, dann zu Europcar! Wir benötigen einen Ersatzreifen und nen Drehschlüssel.
Die Bilder zum Kuiseb sind quasi nicht besser als in 2004, wir fuhren einfach nur straight weiter.
Die letzten 140km durch die Namib zogen sich wie Kaugummi….langweilig links, langweilig rechts. Mathias fuhr extrem vorsichtig, ohne Reservereifen durfte jetzt nichts passieren. Im Nachhinein betrachtet, ist uns die Reifenpanne an der besten Stelle des gesamten Urlaubs geschehen. Sowohl Walvis Bay als auch Swakopmund schnell erreichbar, eine gewisse Infrastruktur vorhanden. Die Piste gut befahren, wie oft hatten wir über Stunden Niemanden gesehen, Wir hatten sogar 3G Netz, normalerweise hat man in der Wüste über Stunden NICHTS. Am Abzweig nach Swakopmund trafen wir wieder auf Werner und Ute, die auf uns gewartet hatten. Wir verabredeten uns zu 18:00 Uhr im Fish Deli Swakopmund und auf ein Bier im Bräuhaus…..ja, wir waren tatsächlich drin!
In Walvis Bay kümmerten wir uns erst mal um die Flamingos, diese waren 2004 im Nebel verschwunden, wir freuten uns über das klare, fast sommerliche Wetter.
Für Walvis Bay hatten wir ansonsten auch 2021 keine Augen, wobei ich die Strandvillen durchaus sehr nett fand. Unser Ziel war das Protea Hotel, wo wir leider feststellen mussten, dass es dort Europcar nicht mehr gibt. Die Rezeption erklärte uns, dass der Flughafen eine Autovermietung hat, die uns telefonisch sofort weiter helfen konnte. Unsere nächste Anlaufstelle war Quality Tyres, wo Mathias ein Formular ausfüllte und Namibi seine alte Felge mit neuem Reifen bekam. Das Reserverad landete wieder dort, wo es hingehört…..in den KOFFERRAUM, wo es hoffentlich auch bleibt. Bei Pupkewitz kaufte Mathias einen Kreuzschlüssel, somit fühlten wir uns gut gewappnet.
Schlußendlich waren wir um 16:30 Uhr am Prost Hotel, Sam Nujoma Ecke Leutwein Str., mitten in der Innenstadt. Dieses hatte ich gezielt ausgesucht, weil ich Alles in Laufdistanz haben wollte und mir irgendwie die Ecke „bekannt“ vorkam. Der Preis für das DZ unschlagbar günstig, keine 100€ für zwei Nächte inkl. Frühstück.
Auf den Stufen zur Lobby entdeckte ich folgende Tafel und mir fiel es wie Schuppen von den Augen!
Das Hotel Grüner Kranz wurde 2001 zur Swakop Lodge, in dieser habe ich bereits 2004 geschlafen! Deshalb kam mir die Straßenecke so bekannt vor. Das Prosthotel hat erst 2017 neu geöffnet, alte Elemente findet man noch überall.
Unser Auto stand in dem Motel Annex, wo wir damals gewohnt haben. Ich hatte die 22 oder 23. Hier fand damals die große Schlüppisandbefreiungsaktion statt, aufgrund des Sandsturms im Sossusvlei haben wir auf dem Parkplatz eine Klamotten- Ausschüttel- Party gefeiert….es war sensationell und ich freute mich über das unverhoffte Wiedersehen.
Unser Zimmer schick und gemütlich mit sensationellem Bad ……45,—€ pro Nacht!
Wr drehten eine erste Runde durch Swakopmund und beehrten den deutschen Supermarkt Woemann&Brock. Es gab dort jeden erdenklichen Fresskram aus good old D, jede Menge deutschstämmiger Namibier und es gab frisches Chili Biltong und Laugenbrezel, auf die wir es abgesehen hatten.
Woermann gehörte halb Deutsch- Süd- West. Zunächst war der alte Woermann verantwortlich für die Schiffspassagen, später war der Kerl praktisch überall in NAM zu finden. Auch heute noch sind die Woermann Supermärkte quasi überall und werden von allen Namibiern geliebt.
Weitere Bilder vom immer noch sehr, sehr deutschen Swakopmund gibts im weiteren Verlauf und im Zusammenhang. Um 18:00 Uhr trafen wir auf Ute und Werner und gemeinsam ließen wir uns Fisch und Seafood im Fish Deli schmecken. Dort gab es übrigens Rollmops, Matjes, Bismarckhering…..echt wahr!
Im Anschluss verschlug es uns ins Bräuhaus wo der Swakopmunder Rentneradel sei Feierabendbier genoss. 2004 haben mich keine zehn Pferde in das Etablissement bekommen, 2021 fand ich es lustig. Das es dort Haxe und Sauerkraut gibt, ist wohl für Alle klar?! Gut das wir pappe satt waren….
Unsere Retter in der Not:
Wir waren ziemlich platt und da es auf Sperrstunde zuging blieb es bei einem Bier. Am nächsten Tag wollten wir früh zu den Robben nach Cape Cross.
Das Frühstück am folgenden Tag war sensationell und um Klassen besser als in dem sauteuren Ding im Sossusvlei. Wir ließen es langsam angehen, fuhren erst gegen 8:30 die 130km zum Kreuzkap/Cape Cross. Dort lebt eine der größten Robbenkolonien der Welt. Ca. 250.000 Tiere halten sich dort „ all year round“ auf, die Männchen nur, wenn Brunftzeit ist.
Das Kreuz am Cape Cross wurde von den Portugiesen 1486 aufgestellt und von den Deutschen Anfang des 19. Jh. restauriert.
Die Strecke aus Swakopmund gen Norden ist nicht die Spannenste. Links hat man den tosenden Ozean, Salzgewinnungsanlagen und Minen. Ein paar Ferienorte wie Henties Bay oder Torra Bay vervollständigen die Strecke.Dafür ist die Straße gut befahrbar, leider ist die Strecke aufgrund des vielen Nebels sehr unfallreich. Auch wir sahen, wie ein Wrack abgeschleppt wurde, der Krankenwagen sehr langsam den Unfallort verließ….das Wrack sah fürchterlich aus. Der herrschte zwar kein Nebel aber ein typisches Nordseewetter erwartete uns am Morgen.
Kommen wir nun zu den Robben/ Ohrenrobben/ Seelöwen….es gibt mehrere Bezeichnungen für die Tiere. Egal mit wem man spricht, Jeder weist auf den fürchterlichen Gestank hin, den die Robben produzieren. Nicht nur lebendige Tiere liegen dort zu Tausenden herum, man sieht auch Kadaver,um den sich die Möwen streiten. Die Babies warten auf ihre Mamas, die alle im Ozean auf Fischfang sind. Diese sind leichte Beute für Schakale und Hyänen. Bis Oktober sieht man nur Muttertiere und Nachwuchs.
Als wir am Parkeingang ankamen, wurde uns freudestrahlend mitgeteilt, dass wir keinen Gestank zu erwarten hätten, da Wind und keine Sonne wäre. Erwartungsvoll fuhren wir zum Parkplatz, der bereits von den ersten Robben bevölkert wurden. Auch am Cape Cross lagen die Biester, die Picknikarea als auch den Steg haben sich die süßen Biester ergattert…eigentlich waren sie überall! Cuteness overload…ja wenn der Gestank nicht wäre. Man kann diesen kaum beschreiben…Pisse, Kacke, Kadavergeruch, irgendwas Süßliches ( vermutlich die Kadaver) und noch nen bissel Fischreste ….hm lecker. Auch Stunden später kann man den Geruch jederzeit abrufen.
Mathias hätte beinah die Robben beim einparken übersehen und ab diesen Moment hatten wir eh nur noch ein debiles Grinsen im Gesicht. Wir ignorierten den Gestank und stiefelten los.Verjagen tut man die Robben, indem man in die Hände klatscht oder mit einem Stock am Gitter des Steges entlangschlägt. Niemals die Viecher anfassen und bitte das Grinsen nicht aus dem Gesicht nehmen!Neben dem Gestank ist das Geschreie der Viecher unglaublich, wir drehten einige Filmchen mit dem Handy.
So,nun geht der Vorhang auf für die größten und niedlichsten Stinker des Universums:
Zurück in Swakopmund befreiten wir uns von Schmutz und Gestank und starteten mit unserem Stadtbummel. Zunächst ging es zum schönsten Haus von Swakopmund und zur berühmten Jetty und dem Woermann Komplex.
Uns faszinierten die Wellen, der rote Sand in der Luft, die Aussicht….das Wetter war im Verlauf des Vormittags ein Träumchen geworden.
Da uns ein kleines Hungerchen quälte, gab es Kaffee und Kuchen im Culture Café. Dieses Café zeigt, wie toll sich NAM entwickelt hat.
Im Anschluss bewunderten wir einige achitektonischen Überreste aus der Kolonialzeit auf der ehemaligen Kaiser Wilhelm Str., jetzt Sam Nujoma. Ich gehe nicht auf jedes Haus ein, kann aber versichern, dort wo noch etwas an der Fassade/ Schaufenster etc. auf deutsch geschrieben steht, wir noch auf sicher deutsch gesprochen.
Am Tag zuvor waren wir in einer Galerie, wo uns ein Hund an der atûr begrüßte. Der Besitzer meinte nur im schönsten hochdeutsch „ da ist das Begrüßungskommitee“! Mathias war bei Leder Sibold und wir unterhielten uns sehr nett mit Tochter und Vater Sibold, Namibier durch und durch und dennoch deutscher als wir Alle zusammen.
Erwähnenswert sind noch der alte Bahnhof, die katholische und evangelische Kirche als auch ein paar kleinere Schònheiten und koloniale Peinlichkeiten.
Der Leutchtturm ist ebenfalls der hübsch und Alles in Allem ist Swakopmund nen bissel das Warnemünde des Südens und keinesfalls afrikanischer geworden mit den Jahren.
Mathias kaufte sich bei Herrn Sibold tolle Tellies aus Kuduleder, seine Sneaker bleiben in Afrika. Sowohl mit Vater Sibold als auch Töchterchen nen netten Schnack gehalten……hätte auch Hannover sein können.
Gegen 18:00 Unr waren wir bei Pick‘n pay und bewunderten die Auslagen. Wir deckten uns mit Biltong, Cracker, Wasser für die nächsten Tage ein…..wir fahren wieder in die Wildnis.
Unser Abendessen wurde wieder im Fishs Deli gekocht, die Meeresfrüchte sind so günstig, da muss man zuschlagen. Eine Auster kostet rund 1€, die hier gezeigte Langust kam rd. 5€….wir ließen es uns gutgehen, Mathias ließ sich auch nicht das Matjesbrötchen entgehen.
Wir gingen an diesem Abend wehmütig ins Bett, gerne wären wir noch ein wenig länger in Swakopmun geblieben.