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Uganda 2020, XI: Gorillatracking

Ich habe Euch einen Extraartikel zum Gorilla tracken versprochen- hier kommt er nun.

Die erste Frage, die sich jeder Trackwillige im Vorfeld stellen muss, ist die , wo man denn am Liebsten die Primaten aufspüren möchte ? Hier meine ich jetzt nicht den Ort im Bwindi NP sondern schon die Frage ob Uganda, Rwanda oder die Demokratische Republik Kongo in Frage kommt. Hierbei sollten nicht nur die Kosten eine Rolle spielen sondern auch die Frage, was man sonst noch im Urlaubsland sehen möchte.

Fangen wir mal mit der preiswertesten Möglichkeit an: In der Demokratischen Republik Kongo kann man im Parc Nacional de Virunga Berggorillas tracken. Die Gebühren liegen bei attraktiven rd. 450 ,– US$ und sind damit unschlagbar günstig. Das „mehr“ im Geldsäckel bezahlt man allerdings mit einer schlecht einzuschätzenden Sicherheitslage, marodierende Milizen und einer nahezu zusammengebrochenen touristischen Infrastruktur. Ich bin mir unsicher, ob Flüge nach Kinshasa überhaupt problemlos zu buchen sind. Ebenfalls ist das Ebolarisiko nicht zu unterschätzen. Während noch in den frühen 2000er Jahren immer erst vor Ort entschieden wurde, wo denn der Pauschalreisetouri trackt und durchaus auch Reisegruppen von Uganda nach Rwanda oder dem Kongo gefahren wurden, ist diese Möglichkeit jetzt nicht mehr gegeben.

Kommen wir zu der teuersten Variante in Rwanda/ Ruanda. Insgesamt wird Rwanda gerne deutscher als deutsch dargestellt. Viele Touris sind vom Nichtchaos enttäuscht, begeistern sich aber durchaus für Kigali und die Nationalparks. Das Gorillatracking findet im Volcanoes NP statt, der sich genau an der Grenze zu Uganda befindet. Neben den horrenden Kosten von 1500 US $ pro Permit, wandern die Gorillafamilien zwischen Uganda und Rwanda und sind manchmal ( jetzt in 2020 auch ) nicht im Land anzutreffen- not @ home….

Die am meisten genutzte Variante ist demzufolge Uganda. Das Land ist seit über 20 Jahren als politisch stabil einzuschätzen, wenn auch die Innenpolitik kritikwürdig ist ( Menschenrechte). Dennoch gibt es keine Sicherheitsbedenken für Ausländer, eine touristische Infrastruktur wurde aufgebaut ( auch wenn diese nicht unbedingt vergleichbar ist mit Kenia oder Südafrika) und es gibt genügend Angebote für jede Art von Reisenden.

Der Permit schlägt ab dem ersten Juli mit 700,– US$ ein ordentliches Loch in die Reisekasse. Wir sind noch zum alten Kurs von 600,–US$ zu den Tieren gekommen.

Auf Kabiza.com werden Uganda und  Rwanda nochmal miteinander verglichen, wobei dies sehr kleinteilig geschieht und mich zum Lachen brachte. Ich glaube kaum, dass sich Jemand für Rwanda entscheidet, weil dort die Ampeln in den Städten funktionieren und man einen Morgenkaffee vor dem Tracking erhält. Allerdings finde ich den Gorillanaming day sehr süß…..in Rwanda bekommt jedes Gorillababy welches in dem Jahr geboren wurde seinen Namen. Nicht das man das mißversteht, in Uganda haben die Tiere auch einen Namen, dieser wird aber nicht groß gefeiert: https://kabiza.com/kabiza-wilderness-safaris/comparing-gorilla-trekking-uganda-versus-rwanda/

Permit: Der Permit ist zwingend, ca. sechs Monate vor Reiseantritt, zu beantragen. Dies geschieht entweder individuell über die UWA ( ugandawildlife.org)  oder bei einer Pauschalreise über den Reiseveranstalter.

Wir haben unseren Permit über Roadtrip ( roadtripuganda.com) zusammen mit unserem RAV4 und dem Schimpansenpermit gebucht. Somit war Alles aus einer Hand und wir mussten uns nur noch um die Hotels und um das zweite Schimpasentracking in der Kyambura Schlucht bemühen ( dieses buchten wir über die Unterkunft). Der Permit ist umgehend zu bezahlen, sofern man das Tracking nicht antreten kann, erhält man 50% des Preises zurück. Dies ist aber in Kampala einzufordern und somit unrealistisch.

Auswahl der Region im Bwindi Impenetrable NP

Im Bwindi Impenentrable NP kann man an vier verschiedenen Stützpunkten Gorillas tracken. Buhoma war der erste Stützpunkt und ist am Leichtesten vom Queen Elisabeth NP / Ishasha aus zu erreichen. Viele Overlandertouren fahren nach Buhoma, es gibt eine Luxuslodge im Park und ich denke Buhoma ist ein abschreckendes Beispiel wie es nicht laufen soll. Die Tiere tummeln sich rund um die Lodgeanlage herum, mit tracken. hat das wenig zu tun. Eventuell ist Buhoma etwas für Fusslahme, wobei ich mich bei den Preisen dann doch lieber für den Zoo entscheiden würde. Allerdings verfügt Buhoma über die beste Infrastruktur in Bwindi, das mag für Viele den Ausschlag geben und manch Eine/r findet Gorillas in der Gartenanlage auch anziehend.

Quelle der Fotos: Tripadvisor

Rushaga war unsere Erstwahl, die wir auch bestätigt bekommen haben. Mittlerweile hat sich die Gegend zum Hotspot des Trackings entwickelt, immerhin sind hier fünf Familien habituiert. Allerdings muss man einplanen, ab dem Registrierungszentrum mit dem eigenen Wagen noch ein wenig im Wald zu fahren, bevor das Tracking dann schlussendlich beginnt. Dafür wird man mit einem sensationellen Blick auf den Parc Nacional de Virunga im Kongo belohnt. Ich glaube, dass das Tracking zu allen Gorillafamilien ambitioniert ist, Kuschelkurs wie in Buhoma gibt es in Rushaga nicht.

Nkuringo ist noch weiter weg von der Zivilisation, wenige Kilometer trennen hier Bwindi vom Virunga NP, aufgrund der exponierten Lage schlossen wir Nkuringo von vornherein aus. Hier kann auch nur eine Gorillafamilie bewundert werden.

Für Alleinreisende erscheint mir Ruhija eine gute Wahl, da man leicht vom Ishasha Sector nach Runija kommt. Leider herrscht dort dichter Wald, ohne Aussicht auf die Vulkane, Seen etc. 

Wer die Wahl hat, hat die Qual….ich empfehle wirklich Google bei der Auswahl und die Buchung einer Lodge erst nach Bestätigung des Permits. Wir hatten es wirklich sehr entspannt am Trackingtag mit einem Frühstück um 7:00 Uhr und einer Anfahrt von fünf Minuten. Für die Unterkünfte kann ich booking.com ausdrücklich empfehlen

Vor dem Tracking: Wenn man sich zu einem Gorillatracking entscheidet, sollte man sich und die eigene Fitness hinterfragen. Voraussetzung ist ein entspannter Umgang mit Luftfeuchtigkeit ( es kann jederzeit, auch in der Trockenzeit, regnen) sowie eine gute orthopädische Verfassung. Das eine oder andere Zipperlein kann im Nachgang ausheilen, echte gesundheitliche Probleme können das Tracken unmöglich machen oder zum Abbruch führen. Da man im Vorfeld nie sagen kann, wie lange das Tracking dauert, sollte immer der schlimmste Fall ( bis zu 12 Std. trekken mit extremen Steigungen/ Abgängen) in Erwägung gezogen werden. Spielt man das Szenario durch und ist weiterhin motiviert, dann steht dem Gelingen nichts mehr im Wege.

Kleidung: Auch in der Trockenzeit kann es sehr feucht werden, im Bwindi Impenetrable NP regnet es meistens täglich. Ich empfehle ein langärmeliges Shirt, Trekkinghose, Gamaschen zum Schutz vor Schlamm und Termiten, Jacke ( wetterfest ), Gartenhandschuhe um keine Dornen in die Hände zu bekommen, gegebenfalls Regenhose und knöchelhohe Trekkingboots. 

Verhaltensvorschriften, siehe auch: https://uganda.de/nationalparks-safari/gorilla-tracking/

1. Der Guide sagt wo es lang geht und führt die Gruppe an

2. Den Abstand von sieben Meter gegenüber der Gorillas einhalten, auch wenn die Tiere davon nichts wissen wollen. Unterwürfiges Verhalten an den Tag legen, die Tiere im Verhalten nachahmen.

3. Niemals einen Gorilla anfassen

4. Kein Stativ und keinen Blitz zum Fotografieren nutzen

5. Keinen Müll im Park lassen, auch Toilettenpapier muss wieder mit zurück genommen werden

6. Pipi ist kein Problem, größere Geschäfte sind zu verbuddeln

7. Keine Lebensmittel in der Nähe von Gorillas

8. Niemals krank ( grippale Infekte) auf das Tracking gehen, erstens wird man den Marsch nicht überstehen und zweitens gefährdet man die gesamte Gorillafamilie. Die Tiere verfügen über kein Immunsystem gegenüber menschlichen Erkrankungen, können sich aber aufgrund der ähnlichen DNA von 98%, sehr wohl anstecken.

9.Mindestalter für Kinder liegt bei 15 Jahren

Wie läuft das Tracking ab: Um 8:00 Uhr beginnt das Briefing im Headquarter des jeweiligen Standortes. Vorher findet die Registrierung statt, man sollte spätestens gegen 7:45 Uhr am Headquarter sein.

Vor dem Briefing gibt es eine musiale Einstimmung durch die Batwafrauen des Dorfes, ich mag solche Veranstaltungen eigentlich nicht, war aber wirklich beeindruckt und habe mir am gleichen Tag nochmals eine Vorstellung angesehen.

Beim Briefing erhält man die Verhaltensregeln und unterliegt dem strengen Blick des Rangers, der nach auffälligen Krankheiten z.B Rotz Ausschau hält. Es wird der Census bekannt gegeben und ein aufrichtiger Dank an die Touristen ausgesprochen. Nur mit den teuren Permits gelang es nachhaltig den Lebensraum der letzten Gorillas zu schützen, 20% der Gelder gehen direkt in die Batwafamilien.

Nach dem Briefing erfolgt die Zuweisung zu einer Gorillagruppe. Ich denke schon, dass die Reiseleiter Einfluss auf den Schwierigkeitsgrad nehmen können, Alleinreisende ( also wir) müssen es nehmen wie es kommt, ich erinnere an das Worst Case Szenario.

Eine genaue Beschreibung aller 15 Gorillagruppen findet man hier: https://kabiza.com/kabiza-wilderness-safaris/gorilla-groups-you-can-trek-on-safari-in-uganda/

Eine Gruppe besteht aus Guide, acht Touristen, einem Ranger mit einem AK 47 und einem bewaffneten Polizisten. Der Ranger schießt nur zur Warnung, sofern Waldelefanten, allein umherstromernde Gorillas oder Büffel auftauchen. Der Polizist ist für Wilderer, illegale Grenzgänger aus dem Kongo und ähnliche Kriminelle zuständig. Er beschützt die Gruppe und schießt bei Bedarf auch scharf.

Hinzu kommen die Porter, die ich wirklich Jedem an Herz legen möchte. Man ünterstützt die Batwas, die Porter helfen durch den Wald und ich hätte Frances nicht missen wollen. Der Wanderstock war ebenfalls nicht zu verachten.

Der Weg beginnt ziemlich leicht und steigert sich, Der Guide schlägt den Pfad mit seiner Machete frei, das Überqueren von Flussläufen und das Balancieren über Bäume gehört mit dazu. Auf unserem Rückweg haben wir Steigungen von bis zu 65%. und Abstiege von 45-50% bewältigen müssen….ohne Porter kaum möglich.

Der Guide hält ständig Kontakt mit den Trackern, die bereits seit Morgengrauen die Schlafnester gesucht haben und die Familie verfolgen.

Bei uns hieß es nach rd 1,5- 2Std. Kameras raus und Wanderstock sowie Porter zurück lassen. Leider blieb die Information aus, dass das letzte Stück im Urwald das Schlimmste werden würde. Wir schlitterten und stolperten am Gorillahäufchen vorbei und beinahe hätte uns der Silberrücken von hinten überrollt. Das Alphamännchen wusste vermutlich schon 30 Minuten vorher,dass wir kommen würden. Ich bin auf den letzten Metern mehrfach gefallen, allerdings immer weich in das Gestrüpp vom Urwald.

Da ich von mehreren eifrigen Leser/-innen den Wunsch auf mehr Primatenfotos bekommen habe. möchte ich dem Wunsch gerne nachkommen. Ich habe mich bemüht, nicht ein Foto aus dem Bericht doppelt zu verwenden. Fotos vom Drumherum sind natürlich doppelt zu bewundern.

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so nah ist man dran
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Die Gorillafamilie war sehr ruhig und ausgeglichen, der Silberücken nahm kaum Kenntnis von uns und schoß 2x in knapper Distanz von 1-2 m an der Gruppe vorbei. Die Babies und Kinder spielten und amüsierten sich prächtig, die Kleinen trommelten auf dem Brustkorb herum und aalten sich im Gestrüpp. Als das Baby müde wurde, gab die stolze Mama die Brust. Alles in der Gruppe wirkte verdammt menschlich, harmonisch und familiär.

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Die Zeit mit der Gruppe verging zu schnell, leider waren unsere Jungs und Mädels auch ziemlich agil und wanderten weiter. Wir verfolgten die Familie zwar noch weiter, das brachte uns aber nur noch einen kurzen Blick auf den Silberrücken und einen weitaus schwierigeren Rückweg ein.

Niemals sollte man annehmen, dass der Rückweg der Gleiche sein wird, wie zu der Gorillagruppe. Für uns bedeutete der Weg aus dem Park eine viel größere Anstregung als die Wanderung hinein. Natürlich waren wir erschöpfter als am Vormittag, das Wetter schwächelte und wir überquerten die Bäche und gemsten uns die Berge hinauf, hinunter und machmal krochen wir auf allen Vieren oder rutschten auf dem Hosenboden.

Wir waren Alle zufrieden, als die Zivilisation uns nach 6,5 Std. wieder hatte und stolz nahmen wir das Zertifikat entgegen. 

Trinkgelder Die Porter erhalten 15$ für ihre Tätigkeit sowie ein Trinkgeld nach eigener Entscheidung. Wir haben Frances und Valentine jeweils 20$ gegeben.

Patrick, unser Guide hat ebenfalls 20$ von uns erhalten, der Ranger bekam 10$, der Polizist erhielt 40.000 Schilling auch rd. 10$.

Viele haben nicht mehr benötigte Kleidungsstücke an die Porter weitergegeben. Das war auch in Tansania usus und die Porter nehmen die Gegenstände gerne an. 

Ich hoffe ich habe Euch das Gorillatracken ein wenig näher gebracht und konnten den/die Eine/n oder Anderen von einem tollen Abenteuer überzeugen.