Unsere Zeit in Nepal neigte sich dem Ende entgegen. Nach tollen Tagen in Kathmandu, Elefantenbaden in Chitwan und relaxen im flaschengrünen See von Pokhara, verbrachten wir die letzten Tage wieder in Kathmandu mit dem Schwerpunkt die anderen zwei Königsstädte ( Patan/ Lalitpur und Bhaktapur) kennenzulernen. Des Weiteren planten wir einen Stop in der unzerstörten Newar Stadt Panauti, die bislang allen Erdbeben trotzen konnte.
Um aber überhaupt wieder nach Kathmandu zu kommen, mussten wir mit einen klapprigen Linienbus den kilometerlangen Staus trotzen und viel Sitzfleisch beweisen. Die Strecke kostete uns 12 Stunden, wir standen mehr, als das wir saßen. Die langen Staus wurden von den übervollen Tankstellen verursacht, die Autos standen Hunderte von Metern am Straßenrand und warteten auf verheißungsvollen Diesel. Damit war dem Grunde nach der Standstreifen dicht und alles plagte sich auf einer Spur. Allerdings bekam man auf diese langsame Art des Reisens noch nen bissel was von Land, Leute und Kultur mit. Begeistert haben mich die altersschwachen Busse in den unterschiedlichsten Stadien der „Verwesung“ ….und alle noch munter auf der Straße.
Das Elend nach dem großen Erdbeben war in den Nestern am Wegesrand natürlich nochmals präsenter, Zelte des UHNCR oder auch dem deutschen roten Kreuz waren unübersehbar.
Zum späteren Abend hatten wir es dann geschafft, „welcome to Kathmandu“. Wir wohnten wieder in Thamel, im Pilgrim`s Gästehaus der alten Garde. Unser Zimmer so, wie ich es aus SOA gewohnt bin….dafür mit 8€ inkl. Frühstück spottbillig und genau deshalb absolut empfehlenswert.
Nach einem schnellen Abendessen ging es in die Heia, wir wollten ausgeruht am nächsten Tag in die große weite Welt starten.
Patan/ Lalitpur
Für fünf Leute ein Taxi zu ergattern ist schon in normalen Zeiten unglaublich schwer, in Embargozeiten ein nahezu unmögliches Unterfangen. Somit liefen wir durch den Moloch Kathmandu und kamen somit ungeplant am Bhimsen Tower vorbei bzw. das was von dem Turm noch stand. Jeder von uns hatte die Bilder im Kopf, als in den Tagen nach dem Erdbeben die Bilder vom eingestürzten Turm um die Welt gingen- ob die Ruine wieder aufgebaut wird, mag Niemand bestätigen.
Wir sahen viele Schäden auf dem Weg nach Patan, die Ecke von KTM hatte es mehr erwischt, als Thamel.
Die grasbewachsene Stupa symbolisiert ein Stadttor
Patan oder auch Lalitpur überzeugte uns aber dennoch in Schönheit und Ausprägung. Der Durbar Square wirkt architektonisch besser strukturiert als der Platz in KTM, auch wenn die Schäden mindestens genauso prägnant waren. Wir wurden von einer Gruppe Archäologen interviewt, sie wollten wissen, ob wir unsere Reise nach Nepal vor, oder nach dem Erdbeben geplant hätten. Wir hatten sie ja bereits in 2014 geplant und nichts konnte uns abhalten, schon gar nicht umgeworfene Steine.
Das besondere Highlight von Patan war, neben dem Durbar Square, der goldene Tempel. In diesem verschlug es uns schlicht die Sprache, wow. Kritiker könnten natürlich sagen „kitschig, zusammengewürfelter, hinduistischer Nippes“….wir fanden das Tempelchen überwältigend und so ganz anders als das, was wir in China oder Tibet gesehen hatten.
Zurück nach Thamel ging es tatsächlich per PkW…ganz nach dem Motto „besser schlecht gefahren, als gut gelaufen“ Angesichts der vielen, v elen Menschen die mittlerweile nur noch auf Busdächern von A nach B kommen, war unsere Situation ziemlich kuschelig bequem, fünf Mann in einen Kleinstwagen, mein Gott…es gibt Schlimmeres.
Wir shoppten uns an dem Tag dumm und dämlich, alle Fünf reisten zwei Tage später mit hübschen North Face Kosmetiktaschen und Reisetaschen gen Heimat.
Bhaktapur und Panauti
Man sagt ja immer, das Beste kommt zum Schluss und tatsächlich schien sich dies für Nepal zu bewahrheiten. Mit einem komfortablen SUV ging es am letzten echten Urlaubstag zunächst nach Bhaktapur. Auch dort mussten wir die obligatorische Eintrittsgebühr zahlen und staunten nicht schlecht. Um in die Altstadt zu kommen, muss man tatsächlich ein paar Stufen nach oben steigen.
Natürlich auch hier ein paar Beschädigungen, insgesamt wirkte die Altstadt rund um den Durbar Square aber sehr schön kompakt und ist mit Sicherheit eins der kulturellen Highlights in Nepal.
Es waren sehr wenig Touristen in der Stadt, wir konnten die Sehenswürdigkeiten gut auf uns wirken lassen. Wir besuchten den Taumadni Square mit seinem Wahrzeichen,
welches Gott sei Dank NICHT zerstört wurde.
Auch der Platz der Töpfer war beeindruckend, man kann sich kaum vorstellen, dass noch so viele Töpferwaren im Zeitalter von Plastik und Pappe gekauft werden.
Nachdem wir auch zum Dattraya Square geschlendert waren, fuhren wir weiter nach Panauti.
Unterwegs einen wunderschönen Blick ins Kathmandutal genossen und mal wieder ausgiebig im Stau gestanden.
Auch hier- das Dieselproblem….. mit einer Fahrzeit von über einer Stunde hatten wir es schlussendlich geschafft, uns begrüßte die relativ schmucklose Newarstadt ohne jegliche touristische Infrastruktur. Selbst das Hotel war geschlossen, lediglich die Pipistube durften wir aufsuchen- ohne Licht, wegen fehlender Glühbirne.
In den vergangenen vier Wochen war uns so oft das Glück hold und auch heute wollte es uns nicht verlassen. Es war Ernte auf dem Land und so konnten wir, neben unzerstörter Dorfarchitektur, auch die Aktivitäten der Einwohner bewundern…wunderschöne Momente und wieder einmal wurde uns bewusst, dass in anderen Teilen der Welt die Menschen mit so sehr viel weniger absolut zufrieden sind.
Mit diesen wunderschönen Erlebnissen ging unsere Nepal Tour zu Ende, am nächsten Morgen traten wir unseren Rückflug nach Deutschland an. Zum ersten Mal wurden wir dann tatsächlich Dieselopfer, wir mussten eine nicht geplante Zwischenlandung in Neu Delhi ertragen, da erst dort die Maschine aufgeladen werden konnte.
Nach aufregenden Tagen in Peking, unserer beeindruckenden Zugtour von Peking über X’ian nach Tibet und acht aufregenden Tagen in dem so abgeschiedenen Himalaya Ländle ging unsere Tour im Herbst 2015 weiter nach Nepal.
Wir flogen mit China Southern und warteten vergeblich auf den Champagner…..bei einem Flugpreis von 560€ für 1 Std. Vergnügen wäre so nen bissel Prickelwasser angemessen gewesen! Leider gab es nur schlechtes Essen und nen Gangplatz. Ich hatte dennoch Glück und konnte den Blick auf die 8000er genießen.
Die Landung hatte es in sich, der Flieger schlug auf und bremste so scharf, dass ich kurz mal das Gefühl hatte, dass wir im Gras landen würden. Wir ließen uns zum Hotel fahren und konnten sofort die Unterschiede zw. Tibet und Nepal ausmachen. Die Erdbebenschäden waren offensichtlich, Nepal ist eben so sehr viel ärmer als Nachbar China oder Indien. Unser Guesthouse lag in Thamel und ich erfreute mich, dass ich doch noch viel wiedererkannte. Es war schön, wieder in dieser so lebendigen Stadt zu sein. Wir schleppten unsere Klamotten zur Laundry und gingen Geld shoppen :-)Mit den ersten Rupees in der Tasche zog es uns zum ersten Everest Bier
ErdbebenschädenSicher konnte man an allen Ecken der Stadt die Schäden des großen Erdbebens vom 25.04.2015 sehen, dennoch war ich happy, dass wir geflogen sind. Nur Geld kann den Nepalesen helfen, nur die Touristen die mit harten Dollars/ Euro ins Land kommen sind die rettende Hand im Kampf gegen den Hunger. Die nepalesische Regierung ist machtlos, da keinerlei Geldmittel vorhanden sind. Nepal liegt im Wirtschaftsindex als drittärmstes Land der Welt ganz unten auf der Skala. Nepal ist ein Land zwischen zwei Großmächten, China und Indien würden es sich so gerne unter den Nagel reißen, es steckt eine Menge Potential im Himalayastaat. Wenn man all diese Faktoren beachtet und sich bewußt ist, was es für so einen kleinen Staat bedeutet, ein Spielball zu sein, war es beeindruckend, was die Nepalis in der kurzen Zeit, die vergangen war seit den Erdbeben, alles geschafft haben.Das Benzinembargo ( die Inder sind pissig aufgrund der neuen Verfassung) bekamen wir an diesem ersten Abend noch nicht mit.
Unser Weg zum Durbar Square ( dem historischen Herzstück von Kathmandu) führte an einer buddhistischen Stupa vorbei, quasi der kleine Bruder vom Komplex Swayambunath
Little Swayambunathbuddhistische StupaLittle Swayambunath
Diese Anlage wurde errichtet, für alle Gläubigen, die es nicht mehr auf den Berg bis Swayambunath schaffen, da die Anlage über KTM auf einem Berg thront.
Unterwegs bemerkten wir eine große Unruhe in der Stadt, wir hörten Trommeln und so langsam und allmählich kam uns die Indra Jaatra Woche / Feierlichkeiten für die lebende Göttin Kumari ins Bewußtsein.
Straßenfest zu Ehren der KumariFrauenpower oder auch Amusement auf nepaliStraßenfest
Die Feierlichkeiten werden mit Straßenfesten begonnen und enden ind en großen Tempelkomplexen von Kathmandu.
Wir hatten es tatsächlich geschafft, genau zu dieser Woche in KTM zu sein? so langsam und allmählich dämmerte uns wie besonders diese Woche ist, wow….wir hatten tatsächlich die Chance die Kumari live zu sehen. Das Mädchen darf sch nur 1x im Jahr dem Volk präsentieren und wir waren dabei! Und das auch noch vollkommen ungeplant, echt irre.
AltstadtStraßenhändlerBevor es aber soweit war, wollte der Durbar Square auf Schäden untersucht werden.
Oh was hatte ich Spaß auf diesem Platz vor vier Jahren. Mich beeindruckte die Newararchitektur und das pralle Leben…..
Leider hat der Durbar Square arg gelitten, der Platz ist in sicher, unsicher und einsturzgefährdet unterteilt.
sicher, unsicher, einsturzgefährdet
Alle Häuser die noch irgendwie stehen, werden von Stützpfeilern gehalten, das nächste wackeln unter der Erde wird die ultimative Katastrophe sein
Durbar Square von obenHanuman DhokaZerstörung überallErdbebenschäden aber damit wird gelebt, geliebt und gefeiert.was noch da ist, wird gestütztdas zerstörte NationalmuseumstimmungsvollWerte die nie mehr wiederzuholen sind, es blutet einem das Herz, auch wenn die menschliche Tragödie so sehr viel schlimmer ist und kein Haus, kein Monument über ein verlorenes Menschenleben steht.
Die Nepalis sind übrigens sehr pragmatisch, unser Hostelbesitzer schüttelte lakonisch den Kopfund beteuerte inbrünstig: „Gott Shiva zerstört und erneuert…..wir haben nun die Chance es besser zu machen und sichere Häuser zu bauen!
Gott Shiva- der Zerstörer und der ErneuererAngesichts von 10.000 Toten eine sehr rationale Einstellung, zumal er auch Opfer in der Familie zu beklagen hatte. Hindus und Buddhisten sind mit ihrem Glauben schon begnadenswert gut dran, wenn es um den Tod geht.
sitzen und wartendieses Gesicht hat schon viel erlebtam Hanuman DhokaDas Leben tobte aber auf den D.S ungehindert weiter. Die Menschen genosen die Feierlichkeiten, saßen auf den Ruinen und warteten auf die Kumari.
Durbar Square 2011Durbar Square 2015warten auf die KumariWir liefen über den Platz und mussten irgendwann gegen die Menschenmassen ankämpfen, der Festumzug war in vollem Gange.
Später am Abend konnten wir sie dann tatsächlich sehen, das kleine Mädchen, welches als lebende Göttin verehrt wird. Die Kumari, wohl noch nicht pupertierend, denn das wird dann ihr Todesstoß, raus aus dem Palast, hinein die rauhe Welt sein. Ungebildet, mit einer kleiner Rente und einem schlimmen Fluch gesegnet: ehemalige Kumaris werden nicht gerne geheiratet, deren Ehemänner sterben wohl sehr jung !
Kumari, die lebende Göttin
Pashupathinath, Boudhanath, Swayambunath
Unser erstes, morgendliches Ziel startete mit den heimlichen Herrschern von Pashupathinath- den Affen. Wir fuhren mit dem Taxi zu einem der wichtigsten hinduistischen Heiligtümer überhaupt, nicht nur in Nepal sondern von Hindus aus der ganzen Welt.
Pashupathinath ist nicht nur ein Tempelkomplex sondern auch Verbrennungstätte mit angeschlossenen Hospizen für Sterbenskranke. Priester und Saddhus sind allgegenwärtig. Affen rennen durch die Anlage und stibitzen die Opfergaben.
Lustigerweise sah ich viele Saddhus bereits zum zweiten oder dritten Mal in meinem Leben. Da diese zwischen den Ländern wandern, habe ich viele von den Jungs schonmal in Pashupathinath aber auch in Varanasi, Udaipur und Pushkar gesehen.
Herrscher oder Asketen?Pashupathinath, Tempel und HospizeBagmati und VerbrennungsghatsVerbrennungsghatsPashupathinathVerbrennung im größeren Stil
Ein einzige Foto, mit einem Scheiterhaufen und einer Zeremonie von Weitem möchte ich nicht unerwähnt lassen, weil dies so untypsich war. Blumen, Baldachin und Musik- uns wurde gesagt, dass eine reiche Frau bestattet wurde…die Gaffer waren überall, Pashupathinath war aufgrund das Indra Jaatra Feierlichkeiten übervoll
Bezüglich der Verbrennungen habe ich bewusst im Fließtext auf Fotos verzichtet. jeder muss selbst entscheiden, wieviel oder wie oft man abdrücken kann/muss/ soll. In Varanasi/ Indien sind Bilder verboten, es sei denn, man zahlt harte Dollar….etwas, was ich natürlich niemals unterstützen würde. In Pashupathinath ist man stummer Zuschauer, nicht so nah am Geschehen wie in Varanasi und die Nepalis haben selbst alle die Knipsen und Handys dabei und drücken fleißig ab, wenn Oma und Opa im Sandelholz kokeln….eine bizarre Situation. Wer interessiert ist, kann sich die Fotos oben in der Sammlung ansehen.
Aufgrund der Indra Jaatra Woche wird der Ort auch von vielen Gläubigen aufgesucht, die Priester hatten Hochsaison
Opfergaben
Boudhanath
Auf Boudhanath war ich gespannt, 2011 hatte ich den Ort als vollkomenen Frieden in einer hektischen Stadt empfunden. Wenn man um die Stupa läuft, erklingt „Om Mani Padme Hum“ aus dem Lautsprecher und man ertappt sich, dass man alsbald DAS Mantra des Buddhismus mitzusummt. Boudha ( die Kurzform) ist das größte Heiligtum der Exiltibeter. Die Frauen tragen traditionelle tibetische Trachten, fast wähnt man sich in Lhasa. Während das Kathmandutal eher hinduistisch ist, sind ja die Berge und die Dörfer buddhistischen Glaubens.
Leider hat die Stupa arg Schaden am Erdbeben genommen, traurig starrte ich auf die Überreste und hier möchte ich auch nochmal Fotos von 2011 zum Vergleich einfügen. Gott sei Dank brummte aber auch dort das Leben, die Musik verzauberte weiterhin und gewerkelt wurde dort auch sehr fleißig. Die Exiltibeter laufen weiterhin stoisch, um die Stupa,genau wie auf dem Barkhor in Lhasa
Wenn ich wieder in KTM bin, werde ich wohl wieder auf die blütenweiße Stupa schauen 🙂
Boudhanath 2011Boudhanath nach dem Erdbeben, Tibeterinnen mit ihren GebetsmühlenBoudhanath nach dem ErdbebenBoudhanath von obenUnser letztes Highlight für die ersten zwei Tage von Kathmandu ( wir kamen am Ende unserer Tour nochmal zurück) war die Anlage von Swayambunath Aufstiegauch hier ÄffchenAufstieg SwayambunathFreizeitbeschäftigung
Diese Anlage liegt hoch oben, mit grandiosem Blick auf das Kathmandutal.
Ich hatte bereits aus der Zeitung entnommen, dass auch dort Schäden am 25.04.2015 entstanden sind und so war es nicht weiter verwunderlich, dass Schilder standen, die vor Einsturz warnten
Wir ließen die besondere Atmosphäre auf uns wirken, genossen den Blick “ nach unten“ und nahmen erstaunt wahr, wie nah Buddhimus und Hinduismus sich nimmt- wir sahen auch in Swayambunath Saddhus!
Manisteine und StupaSwayambunath gefiel mir persönlich in 2015 sehr viel besser als 2011…eventuell lag das aber damals an der Hektik, die wir an den Tag legen mussten um überhaupt noch ein wenig Kultur in Nepal mizubekomen 🙂
Am nächsten Tag gings weiter nach Chitwan und erstmal wieder in die Natur !
Tag 1 auf dem Weg nach Lukla:
Wir erreichten nach 14 langen, entbehrungsreichen Tagen, endlich wieder den Ausgangspunkt unseres Abenteuers im Himalaya- Lukla. Fast schon sehnsüchtig erwartet, schließlich hatte dieser kleine Ort doch wenigstens eine Art Infrastruktur. Eine Hauptstraße mit ein paar Gästehäusern, ein paar Bäckereien und viel Yak Dung am Wegsrand und auf dem Weg an sich 🙂 . Unser Guide Dil hatte mir eine Dusche versprochen, meine langen Haare hatten eine Wäsche mehr als nötig. Wir mussten schon in Namche Bazaar, einen Tag vorher, auf großartige Hygiene verzichten, das Haus hatte einen Wasserrohrbruch und somit schaute ich auf 10 Tage ungeduscht und ungewaschene Haare zurück. Meine letzte heiße Dusche, vier Minuten, war in Dingboche. Das war noch vor dem Everest Base Camp, also noch auf dem Hinweg zum Basecamp gewesen. Das Alles bei körperlicher Anstrengung, naja….das Notwendigste hatten Feuchttücher in den letzten Tagen erledigt und uns war es egal gewesen, bissel Dreck hat noch Niemanden geschadet. Außerdem hält es ja auch warm und Wärme hatten wir bitter nötig. Minus 25 Grad waren es am Everest gewesen, der Windchill Faktor lag um Einiges darunter.
Seit Phakding, dem letzten Zwischenstop auf dem Weg nach Lukla, fachsimpelten wir über das beste Chicken Sizzler im Khumbu Tal. Dil, unser Guide, war der Ansicht, dass es dies nur in Lukla gibt und schloss mit Stephan eine Wette ab. Wenn Stephan es nicht schaffen würde, nach Sherpa Art, unsere beiden Rucksäcke durch Lukla zu tragen, würden wir ihn dafür zum Essen einladen. Gesagt getan, Stephan schulterte die rd. 30 Kilo zusätzlich zum Daypack und stolperte durch den Ort. Die Nepalesen staunten nicht schlecht, ne Langnase mit vollem Trekkinggepäck auf dem Rücken. Einige pfiffen, manche klatschten…wir waren eine kleine Sensation und hätten in dem Trubel fast die Tatsache verpasst, dass in Sichtweite eine Sita Air mit dröhnendem Propeller die 450 m kurze Start,- u. Landebahn hinunterkullerte und gen Kathmandu verschwand. Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit, seit Tagen hatte ich versucht, den bevorstehenden Start aus Lukla noch ein wenig zu verdrängen. So schön es im Khumbu ist, die An,- u. Abreise ist nichts für schwache Nerven. Unsere Tara Air vor 14 Tagen war an einigen Stellen mit DAK Tape repariert gewesen!
Sizzler
Um es kurz zu machen- es war das letzte abfliegende Objekt für eine lange Zeit und Stephan scheiterte auch mit den beiden Rucksäcken und die Lage in Form von Chicken Sizzler und Everest Bier wurde an jenem Abend von uns „geschmissen“.
Gegen 17:00 schlitterte noch eine Tara Air nach Lukla rein, ich konnte die Maschine direkt aus unserem Zimmerchen im Guesthouse sehen, das Fenster ging Richtung Landepiste.
Die gestrandete Maschine wurde mein Wetterbericht der nächsten Tage und Woche !
Unser Zimmer bestand aus zwei Betten mit nicht sauberen Bettdecken und Kissen- wohlweislich wird man von allen Trekkingagenturen darauf hingewiesen- Wasser ist knapp ….deshalb werden genau diese Sachen auch so gut wie nie gewaschen. Das Badezimmer hatte ein Klo ((immerhin ) und eine Dusche, solarbeheizt….nicht so gut. Ein Waschbecken fehlte, das Wasser war eiseeisekalt, der Sonnenschein war an jenem Nachmittag ausgebllieben. Wir trösteten uns am ersten Abend mit der Aussicht auf „morgen in Kathmandu“ und durchlebten einen feuchtfröhlichen Abend in Lukla.
unser Zimmerchen
Wir trafen andere Trekker und Bergsteiger unter Anderem ein paar Russen die uns von vielen Expiditionen erzählten, auch von Everestbesteigungen.
Der Abend verging schnell, gegen 23:00 prophezeite Dil „tomorrow fog, no fly“ Aha….das hieß also um 6:00 Uhr aufstehen, die Landebahn beobachten, auf Abruf sein und hoffen, hoffen, hoffen.
Tag 2 Warten:
Gesagt getan….kaum aus dem Bett raus, schüttelte unsere Wirtin den Kopf- nein, heute kann keine Maschine aus Kathmandu kommen. Überraschend war diese Ausage nicht, hatte ich doch die Tara Air aus meinem Bett kaum sehen können. Dennoch, wir gaben die Hoffnung nicht auf, stierten wie gebannt auf die Landebahn als ob man damit das Übel verscheuchen kann. Es blieb seltsam ruhig und gedämpft im Ort, der Nebel schluckte die Geräusche.
der Broadway von Lukla
Noch waren wenig Touristen da, das sollte sich in den nächsten Tagen dramatisch ändern. Wir „überfielen“ die primitive Bank von Lukla und „kauften“ zunächst ein wenig Bargeld, was schon spannend genug war. Die „Bank“ bestand aus einem Schreibtisch und Stuhl. Aus der Schublade des alterrümlichen Tisches kam ein Formular. Auf diesem wurden unsere Paß und Kreditkarteninformationen notiert, dann gabs Geld.Anschließend besuchten wir das örtliche „Starbucks“ das mit dem Original aus den USA wenig zu tun hat. Allerdings eine gute Sache war das vorhandene wlan und damit die Möglichkeit mit den Lieben Daheim in Kontakt zu treten. Zeitnöte hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch keine, schließlich hatten wir neun lange Tage eingeplant um Kathmandu und Pokhara besuchen zu können. Mich plagte eine widerliche Erkältung und ich sehnte mich weiterhin nach einem sauberen Bett, eine Dusche und anständige Taschentücher. In Lukla konnte man diese zwar kaufen, sie waren aber so fadenscheinig, dass ich mich kaum traute hineinzuschnauben.
Die Kälte und Nässe bekämpften wir mit Rum….davon viel in den Tee und der Tag wurde ertragbar. Insgesamt war die Stimmung gut, wir fanden es ziemlich lustig in Lukla gestrandet zu sein, das gehört schließlich zu einer ordentlichen Trekkingtour im Khumbu Himal dazu! Nachmittags spielten wir Pool mit ein paar Trekkern aus den Staaten, die die ganze Angelegenheit nicht mehr amüsant fanden- der Rückflug in die USA war gefährdet- upps……was waren wir da komfortabel dran.
Tag 3, wir richten uns ein:
Keine guten Nachrichten, es war immer noch neblig und auch an diesem Tag konnte keine Maschine in Lukla starten oder landen. Wir hörten zum ersten Mal von der Möglichkeit mit einem Hubschrauber nach Kathmandu zu fliegen. Dafür hätten wir zunächst nach Sirke laufen müssen, ca. 2-3 Stunden entfernt. Der Preis lag zu diesem Zeitpunkt bei rd. 250 € und ein paar Wenige griffen zu. Aber mal ehrlich, wenn schon die eigene Hand vor Augen nicht zu sehen ist, wer will da schon in einen Heli ? Unser Leidensdruck war gering, im Geiste radierte ich einige Sightseeingwünsche einfach aus, dann eben kein Chitwan Nationalpark mehr- was soll es , ich komme eh wieder.
Wir schrieben sehr lustige Mails nach Hause….sie handelten von Kälte, Dreck…achja, wir hatten immer noch nicht geduscht und natürlich suchten wir das www nach Nachrichten ab. Hatte die Außenwelt schon von unserer Misere mitbekommen? Sie hatte nicht…..
Die Freunde und die Familie drückten uns die Daumen und wir drückten fleißig mit. Insgesamt waren wir tiefenentspannt, der Kampf um die Steckdosen im „Starbucks“ hatte noch nicht begonnen.
Tag 4, Schlüpfer zählen, Thermosflasche kaufen
Auch Tag Vier begann mit Nebel und dem morgendlichen Wühlen im Rucksack….zwischen den stinkenden Trekkingklamotten muss doch noch wenigstens saubere Unterwäsche sein ? Wir zählten die Schlüppis, drehten Dreckiges von links nach rechts und zogen am Ende dann doch wieder die müffelnden Schichten vom Vortag an. Auch die Schlafsäcke hatten mittlerweile einen eigentümlichen Geruch angenommen- ganz zu schweigen von den Socken oder dem Fleecezeug in dem ich seit nahezu drei Wochen schlief! Es musste heißes Wasser her…..also raus in den Nebel und hinein n den Yakdung…..ab in den Gemischtwarenladen auf dem Broadway ( so nannten wir mittlerweile den Prachtboulevard von Lukla) . Dort erstanden wir eine große 2 Liter Thermosflasche mit herrlich kitschigem Rosendruck in knallerot. Ein flehendes Gesicht wurde aufgesetzt und ein wenig Bettelei waren nötig. Dann hatten wir gegen hartes Bares wenigstens 2 Liter kochend heißes Wasser. Wir borgten uns noch gegen Gebühr eine zweite Thermosflasche und mischten unser eiskaltes Wasser mit dem heißen….am Ende waren 4 Köpfe gewaschen und drei Bärte rasiert. Ansonsten nischt Neues in Lukla….außer, es wurde merklich voller, die ersten Zelte wurden errichtet.
5 und 6 Tag “ Krieg ist schlimmer“
Der Leidensdruck wurden nun doch merklich größer oder um es mit den Worten eines Trekkers, den wir auf unserer Tour kennengelernt hatten, zu sagen „Krieg ist schlimmer“. Natürlich gibt es immer noch Schlimmeres aber so langsam und allmählich wollten wir nur noch weg. Um dem Lagerkoller zu entgehen, marschierten wir immer morgens in das Cafe´mit dem wlan…. dort war es auch kalt und klamm aber dann doch wenigstens die einzige Möglichkeit mit der Außenwelt in Kontakt zu treten. Spiegel online, der Stern und auch nepalesische Medien hatten sich nun unserer Misere angenommen. Die nepalesiche Regierung erwägte die Möglichkeit die Trekker mit Hubschraubern herauszuholen, desweiteren sollten die Kranken und Verletzten abtransportiert werden. Die Helipreise stiegen, es waren mittlerweile fast 600 $ …die Russen und die Amis zahlten.
Heli gewünscht ?
Wir hatten noch Luft, an Tag 10 ging der Flug zurück nach Europa. Ich strich im Geiste auch meinen Wunsch Pokhara ab und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt. Leider gab Lukla nicht viel her, wir umrundeten den Flugplatz und sahen den Einheimischen im Nebel zu. Wir bedauerten die Leute, die nur noch in Zelten Unterschlupf gefunden hatten, unser karges Zimmerchen wurde mehr und mehr zum Zuhause.
Lukla AirportLukla, kurz vor unserer Landung auf dem Hinflug
Unsere Eltern nahmen erstmalig mit unserer Airline Kontakt auf, um eventuelle Umbuchungen abzuklären.
Manisteine im Nebel
Essen wurde knapp, Geld gab es in der Bank nicht mehr. Der lokale Preis für ein Hühnerei stieg über Nacht von 1,50€ auf 2,50 € und zum Frühstück gab es nur noch Porridge. Unsere Wirtin fragte, warum wir nicht einfach nach Kathmandu laufen würden….es wäre einfach, nur 5 Tage, wenn man zügig läuft. Leider waren wir Beide verrotzt, es kam aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht mehr in Frage. Leider waren der Yak Dung, das einzige Brennmaterial und der Nebel für unsere Atemwege auch nicht optimal.
Lukla versinkt in einem 8 Tage andauernden Nebelwer sieht die Startbahn?
Im Starbucks war es mittlerweile so voll, mehrere Dutzend Menschen drängelten sich um die vier Steckdosen um Handys und Ipads aufzuladen, die meisten Gästehäuser verfügten über keine Steckdosen auf den Zimmern. Die Angst, irgendwann nicht mehr die eigenen Belange über das www abklären zu können beherrschte unseren Tag. Einer behielt immer die Steckdosen im Blick, der Andere kümmerte sich um Taschentücher, Rum oder Toilettenpapier.
Tag 7 “ Ich bin kein Star, holt mich trotzdem bitte raus“
Die Nerven waren zum Reißen gespannt….mein eigenes, gesetztes Ultimatum „mit dem letzten sauberen Schlüppi am Leib kommen wir hier raus“ lief so langsam und allmählich ab. Ich zog die vorletzte Unterhose an, schlüpfte in die dreckigen Funktionsklamotten und zog die Mütze tiefer ins Gesicht….Pokerface bei 3500 Trekkern und 350 Einheimischen. Die Letzteren wollten nur noch das wir abhauen….das Geld nahmen sie natürlich gerne, die Versorgungslage nahm aber dramatische Ausmaße an, das Gleichgewicht in diesem so sensiblen Teil der Welt war aufs Extremste gestört. Die Pfade durch den Ort sahen wüst aus, überall saßen Menschen, der Müll und Dreck….es tat mir in der Seele weh.
Zelte im Garten, Notquartier für Viele
Auch wir überlegten was zu tun sei- die Familie wartete auf Instruktionen, wir hatten noch 2,5 Tage bis zum Flieger nach Berlin. Ich kontaktierte meine Arbeit, Gott sei Dank waren dort alle entspannt, Jeder wollte nur, dass wir heil nach Hause kommen. Ich hörte später Geschichten, bei denen sich die Arbeitgeber als richtige A…. …entpuppten.
Unser Guide erklärte uns das Procedere wie verfahren wird, sollte sich der Himmel dann doch mal aufkären. Zunächst wird der normale Flugplan abgearbeitet, dann gehen die Rettungsflüge raus, in die weite Welt aka Kathmandu. Bedeutete also, dass Zuerst Diejenigen rauskamen, die am Kürzesten gewartet hatten, dann wir , die am Längsten in Lukla hockten und danach wurde nach Reihenfolge der Wartetage abgearbeitet….aha….
Tag 8 …raus, bloss raus hier
Der Morgen war anders……es dröhnte….es kam ein großer Militärhubschrauber ! Juchee…..die Sonne schien, rein in die Klamotten, raus aus dem Zimmer. Dil wartete auf uns und sagte “ between 12 and 1 pm you are gone “ OK, das klang nach einer Ansage. Bange beobachten wir den Flugplatz, die tief hängenden Wolken. Wir mussten unser Zimmer räumen….die bange Frage, was passiert wäre, wenn wieder Nebel aufgezogen wäre, stellten wir uns nicht. Gegen 10:30 liefen wir zum Flughafen. Dort herrschte Halligalli oder auch das blanke Chaos genannt. Hunderte von Menschen drängelten und schubsten, Jeder bangte um seinen Platz in den Minimaschinen.
Militär regelte das Notwendigste, Soldaten standen um die Maschinen. Uns wurden „Rescue Tickets“ ausgehändigt, Flug 2 nach dem regulären Flugplan.
Rettungsflug 2
Das heißt es warteten genau 18 Leute länger als wir…..beruhigend. Besorgt schauten wir in den Himmel, es wurde schwärzer zwischen den Wolken. Um uns herum prügelten sich die Touristen! Interessant zu beobachten, wie sich die Spezie Mensch verändert, wenn es doch mal nen bissel ans Eingemachte geht.
Unsere Klamotten wurden gewogen und Dil verschwand um die Gepäcktags zu holen. Plötzlich tauchte ein Bär von Kanadier auf und schmiss unsere Rucksäcke von der Waage um den Kram seiner Reisegruppe darauf zu legen. Panisch schmissen wir unsere Rucksäcke wieder zurück, schließlich waren wir quasi schon eingescheckt ! Dies geschah mehrmals und nach dem dritten Abwurf saß ich oben, auf unseren Rucksäcken, mitten auf der Waage und beobachtete die Szenerie um mich herum ! Peinlich trifft es nicht so ganz was ich sah….Fremdschämen schon eher ! Die Trekker benahmen sich zügellos, die Nepalesen sahen hilflos zu.
Unter Soldateneskorte betrat ich, zusammen mit Kumpel Stephan und 16 Italiener die kleine Twin Otter. Mit einer La Ola Welle von uns 18 im Flieger kullerte und purzelte die kleine Maschine die 450 m den Berg hinunter…..es war kein schöner Flug aber nach rd. 45 Minuten standen wir dreckig und sauglücklich wieder in Kathmandu.
36 Stunden später traten wir pünktlich und erhebliche Erfahrungen reicher unseren Rückflug nach Deutschland an.
Im Jahr 2014 konnte ich in einer Berliner Tageszeitung lesen, dass eine Straße nach Lukla in Planung ist. Die Nepalesen sind genervt von der immer wiederkehrenden Situation und die Rettungsflüge kosten viel Geld. Nach diesem Artikel beschloss ich die Tage von Lukla zu beschreiben- sie gehören wohl bald der Vergangenheit an….schade, denn für uns Industriemenschen auch eine echte Möglichkeit mal zu sich selbst zu kommen, das Wenige schätzen zu lernen und tiefer in das wirklich harte Leben der Nepalesen einzutauchen. Ich möchte die Tage nicht missen, sie werden für immer unvergesslich bleiben. Für die Nepalesen wird die Straße als Fortschritt verstanden, dennoch wird der Betonhighway wieder ein Stück vom Zauber des Everests nehmen….