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Polen 2017: Bad Flinsberg/ Świeradów-Zdrój in Niederschlesien

Meine Oma väterlicherseits kam aus Schlesien und ich kann mich noch gut an Butterkuchen vom Blech, schlesisches Himmelreich (Hefeklöße mit Backobst) und überhaupt an Klöße in allen Varianten erinnern. Ansonsten habe ich meine Großmutter nie über Schlesien und ihre Kindheit ausgefragt, ich glaube das betrifft uns Alle, wir haben nie wirklich nachgefragt! Meine Oma ist bereits vor dem zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat, nach Berlin, verzogen. Mein Papa wurde bereits in Berlin geboren und so ist mir Schlesien immer ain abstrakter Begriff  gewesen.  Das Gleiche gilt übrigens auch für Ostpreusen und Pommern. Die ehemaligen deutschen Gebiete im Osten haben mich wenig interessiert und ehrlich  gesagt, mir war auch nach der  Buchung unseres Hotels nicht bewusst, das Bad Flinsberg mal deutsch war.  Erst mit Stöbern im Netz kam mir rund eine Woche vor Abfahrt in den Sinn, dass meine Oma aus dieser Ecke stammt….naja, ehrlicherweise muss gesagt werden, bis in den wohlklingenden Ort namens Kotzenau sind es noch gut siebzig Kilometer. Nähe ist eben relativ…..dennoch war  meine Gier nach Geschichte geweckt und ich las mich ein wenig in Schlesien und seine Geschichte ein.

Unsere Fahrt nach Świeradów Zródj war abenteuerlich,  das Navi schickte uns über brandenburgische und sächsische Landstraßen, wir landeten siebzig Kilometer vor Görlitz auf eine Umfahrung von Rietschen und verloren dadurch eine Stunde. Für      km benötigten wir knapp fünf Stunden, in Polen waren die Straßen ohne Seitenstreifen, sie sahen noch so aus wie …! Auch Häuser mit Einschusslöcher aus dem zweiten Weltkrieg sind im Dreiländereck noch zu sehen, die Gegend hat nicht viel von den Geldern der europäischen Union gesehen. Die Sudeten sind in Niederschlesien sehr rauh und wild, echte Urwälder kann man hier bewundern. Uns blieb während der Fahrt durch die Wälder mehrfach der Mund offen stehen, wir konnten kaum glauben, was wir hier sahen. Umso erstaunter waren wir dann auch, als wir in den puppigen Ort einfuhren, der für die nächsten vier Tage unser Zuhause, unsere Basis sein sollte.

Bad Flinsberg ist seit Jahrhunderten ein Kurbad, bereits ….kamen …..Touristen pro Jahr, auf …..Einwohner. Die Deutschen hinterließen eine perfekte Theaterkulisse mit Kurhaus,  Trinkhalle und Radionquellen. Die bildhübschen Häuser wurden zum großen Teil restauriert, eine gute touristische Infrastruktur, inklusive dem Kurschatten mit Rollator, ist vorhanden.

Wir bezogen unser recht niedliches Hotel, an der Rezeption war die Dame fast enttäuscht, dass sich hinter Mathias‘ Familienname keine polnische Familie versteckte. Das Hotel lebt nämlich von deutschen Kurtouristen und sie hatten sich schon gefreut, dass auch mal polnische Touris zu Ihnen gefunden haben-Pech gehabt😜!

An unserem, ersten Nachmittag bummelten wir durch den beeindruckenden Kurpark, der ebenfalls eher wild und naturbelassen ist , statt überkandiedelt mit vielen Blumenrabatten.  Die  Suche nach echtem polnischen Fresschen war nicht so ganz einfach, viele Hotels bieten eben HP oder VP an und uns knurrte der Magen. 

Unser Fang am ersten Abend hatte es in sich-es gab Schweinebraten mit Sauerkraut und SECHS Klößen. Leider musste ich drei davon liegen lassen….

Unseren nächsten Tag starteten wir mit einem guten Frühstück im Hotel, wir bewunderten die goldenen Säulen im Restaurant. Am Abend zuvor war ich Zeugin der zu Akkordeon schwoofenden Endziebziger geworden, Bad Flinsberg das Oldieparadies😉!

Unser erstes Ziel am Vormittag war die berühmte Trinkhalle im Kurhaus.

Wir ließen uns das radionhaltige Wasser ebenfalls „schmecken“, gesund soll es sein!

Unbedingt erwähnenswert sind die Trinktassen, unglaublich es gibt Liebhaber für die Teile  . Wenigstens sind die grässlichen Dinger nicht teuer….was übrigens auf den gesamten Ort zutrifft. Ähnlich wie im restlichen Polen liegen Hauptmahlzeiten in Restaurants  bei rd. sechs Euro, ein großes  Bier schlägt mit nem Eurofuffzig zu Buche.

Wir setzten den Spaziergang durch Bad Flinsberg fort, erkundeten die nicht vorhandenen Sehenswürdigkeiten des Ortes. Die Kirche St. Lukas eindeutig katholisch mit Papst Johannes Paul am Altar hat uns insofern beeindruckt, weil der Altbau aus 18Zopf mit einen Neubau aufgepeppt wurde.

Anbei ein paar Bad Flinsberg Impressionen:

Unser nächstes Ziel war das Restaurant Izerska       Chata, die berühmt für ihre Forellen und der einmaligen Lage am Idiotenhügel des Isergebirges sind. Die Schlepplifte lagen natürlich in tiefem Sommerschlummer, die Forelle war sowohl gegrillt als auch geräuchert erstklassig.

Emily wurde im Anschluß über die Wiese gejagt, wir liefen bergauf und  trafen den großen Mythos der Sudeten, dem Isergebirge und des Riesengebirges ….Meister Rübezahl! Emchen blieb unbeeindruckt, uns verleitete der Hype in der Region zu einem Blick ins www.

Rübezahl ist ein Sagenwesen, der  sowohl in der deutschen, polnischen und tschechischen Sagenwelt sein Unwesen treibt. Bereits 1561 fand der “ Rübenzähler“ das erste Mal Erwähnung, in Bad Flinsberg liegt sogar sein “ Grab“ ….mehr dazu später. Wir allerdings machten keinerlei negative Erfahrungen mit dem Riesen und planten die kommenden Tage. 

Am frühen Abend zog es uns nochmals durch den Kurort, Emily hasste uns dafür. Sie schlich nur noch hinterher, die Kleene war müde vom vielen Laufen.  Da wir keine Lust auf Kohl, Braten und Klöße hatten gingen wir zu dem polnischen Griechen mit günstigem Gyros und Souflaki.  Unser Hund nahm sich dann ein TT (Tragetaxi😜) und kam ziemlich komfortabel zurück ins Hotel.


Gott sei Dank, das Wetter hielt auch am 25.6.17….während es in Berlin regnete. An unserem zweiten Tag fuhren wir in Richtung Hirschberg, jetzt Jelenia Gora.

Zuerst suchten wir das Grab des „Riesen“ auf  und lachten uns schlapp, als wir DIE Sehenswürdigkeit von Świeradów-Zdrój bewunderten.

Für einen besseren Größenvergleich, hier noch ein Exemplar mit „dem Emchen druff“…keine letzte Ruhestätte für einen Riesen, würde man meinen.   

Wir fuhren weiter in Richtung Hirschberg, unser Ziel war die Stabskirche von Vang ( Norwegen) im heutigen Karpaćz, ehemals Krummhügel. Die norwegische Stabskirche wurde im 12 Jahrhundert, komplett ohne Nägel und zu 100% aus Holz erbaut. Nachdem die Kirche zu klein wurde, entschloss sich Vang für einen Neubau und der preußische König Friedrich Wilhelm IV. kaufte die Kirche, im Ursprung war sie für die Pfaueninsel bestimmt.Wie wir Berliner nur zu gut wissen, dort wurde der Holzbau nie aufgebaut, sondern ging an die Krummhübeler Gemeinde. Der Glockenturm gehört nicht zum Originalgebäude, der Holzglockenturm ist zerstört.

Innen kann man Schiffsplanken und Schnitzereien von Wikingerschiffen bewundern, die Kirche ist auch heute noch evangelisch und es finden zunehmend mehr Gottesdienste, zumeist für deutsche Touristen, statt. Der kleine Friedhof ist ein stummes Zeugnis der schlesischen Geschichte bis 1945.

Das Bigosch zum Mittag lag uns lange im Magen, das Essen ist zwar lecker aber auch sehr schwer und wäre für mich nichts auf Dauer! 

Auf dem Weg nach Karpaćz war uns eine Ruine aufgefallen, die wir auf unserem Heimweg unbedingt näher erkunden wollten. Zunächst fiel uns im Ort Miltków, ehemals Arnsdorf,  ein exzentrisches Einfamilienhaus ins Auge-upside down….wems gefällt!

Die evangelische Kirche wurde 1945 zerstört, lediglich der Friedhof wird weiterhin von der katholischem Gemeinde genutzt. Wenn man durch das Gelände stöbert, findet man einige alte, deutsche Grabsteine und ein paar polnische Piwoliebhaber die auf den Steinen herumgammelten und dem Sonntagsfrühshoppen fröhnten.

Leider wurde es am Nachmittag kühler und regnerischer, das brandenburgische Regenwetter hatte uns eingeholt. Am Abend gabs Ente und Wildschwein und wieder gings mit schwerem Magen und Sodbrennen in die Heia.

Unser letzter Tag war regnerisch und kühler. Wir blieben in Bad Flinsberg und feierten unseren Hochzeitstag, den dritten. Morgens wurde ausgiebig gefrühstückt und im Anschluß erstanden wir für 0,05€ ( wirklich wahr) das heilige Wasser des Ortes. Die Sonne kam durch und wir konnten sogar ein wenig draußen sitzen und ohne Jacke das warme Wetter genießen.

Am zentralen Zierbrunnen gab es ein Kleeblattfeld und was lag da näher, als an unserem Hochzeitstag dem Glück auf die Sprünge zu helfen? Ich fand allerdings keins……Mathias dafür Zwei. Doppeltes vierblättriges Glück, was will man mehr?

Da uns die Forellen am Samstag so gut geschmeckt hatten, beschlossen wir zu Mittag nochmals geräucherten und gegrillten Fisch im Izerska Chata zu genießen.  Zu einem gemütlichen Tag gehört auch ein ausgiebiger Mittagschlaf und abends ließen wir unseren gemeinsamen Ehrentag mit echt polnischer Küche, Piwo und Berblick ausklingen.

Nach unserem Hochzeitstag schließt sich mein Geburtstag an und somit wurde ich von meinen zwei Herzblätter am Abreisetag relativ frûh, mit einem Geburtstagstisch geweckt.

Allerdings war meine liebe Familie  mehr müde als in großer Erwartung.

Leider war mein Tischchen nicht von Dauer, nach einem gemütlichen Frühstück machten wir uns, über holprige Dorfstraßen,  auf den Weg zurück nach Deutschland.

Damit Ihr auch ein wenig von der niederschlesischen Idylle in den Sudeten genießen könnt, zeige ich Euch noch ein paar Impressionen vom Wegesrand.  Mein Fazit: Wer schnell ein idyllisches Plätzchen sucht, welches vom Tourismus noch nicht überlaufen ist, wird in Bad Flinsberg fündig werden. Die Preise sind als sehr günstig zu bezeichnen, Unterkünfte gibt es in allen Kategorien. Sowohl im Sommer als auch zum Skilaufen ist das Riesengebirge geeignet, Wanderer und Outdoorfreaks kommen ebenfalls  auf ihre Kosten. Uns hat  die zum Teil seit Jahrzehnten unberührte Natur gefallen und wenn man wie wir auch gerne mal in der Geschichte stöbert, hat man sein Traumziel in der Mitte von Europa gefunden. Wir werden bestimmt nochmal nach Schlesien fahren….