Wir kamen am späten Abend in Salvador da Bahia an. Unser Hostel lag in Pelourinho, in der Altstadt von Salvador. Diese liegt auf einem Berg, der sogenannten Oberstadt. Ähnlich wie in Lissabon werden Ober,- und Unterstadt mit einem Lift verbunden, dem Elevador Lacerda. Salvador ist die drittgeößte Stadt des Landes, mit rd. 2,8 Mio Einwohnern. Salvador ist die Geburtsstätte des Capoeiras und der grandios guten Musik. Fast Jede/r kennt Olodum und die magischen Trommeln. Selbst wenn man von der Band noch nie etwas gehört hat, den Song „They don’t care about us“ von Michael Jackson kennen die Meisten von uns…..Olodum trommelt im Hintergrund fleissig mit, das Musikvideo wurde ebenfalls in Pelourinho gedreht.
Unser Hostel existiert noch, ich würde wieder dort einziehen, sofern es mich in Postcoronazeiten nochmal nach Brasilien verschlagen sollte.
Nach dem Einchecken saßen wir müde und matt in unserem Schlafsaal. Wir hatten für die erste Nacht nur ein Zimmer für uns Sechs bekommen und bewunderten ausgiebig das Tropenkrankenhausambiente in dem Saal. Es sah aus wie in einem Film aus den 50erJahren, jedes Bett hatte sein Mosquitonetz, nüchtern betrachtet hätte es auch ein Feldlazarett aus dem 2. Weltkrieg sein können. Aufeinmal hörten wir die Trommeln und schnell wie der Wind standen wir gegen 0:00 Uhr auf dem Marktplatz von Pelourinho. Olodum trommelten des nächstens und die halbe Alststadt war auf den Beinen. …Nachtruhe ist in Brasilien ein Fremdwort.
Olodum begleitete uns durch die nächsten drei Tage, wir erstanden sogar Tickets für ein Konzert und gaben uns nach 3,5 Std. gegen 1:30 Uhr körperlich geschlagen…..Olodum spielte zu diesem Zeitpunkt immer noch weiter, wir waren einfach nur kaputt, kaputtgespielt könnte man sagen.
Eigentlich trommelte immer irgendeine Band auf dem Marktplatz, irgendwo gabe es immer ein Konzert. Für Musikbegeisterte ist Salvador da Bahia ein Traum und erschwinglich noch dazu. Salvador war weder chic noch hipp sondern einfach nur authentisch.
Natürlich fuhren wir auch hinunter in die Unsterstadt und bewunderten den Markt Modelo und das vorgelagerte Fort von Salvador.
Insgesamt sind mir die drei Tage unaufgeregt und entspannt in Erinnerung geblieben, wir genossen die Altstadtatmosphäre, die Backpacker und die Szene die sich bereits 2000 gegründet hatte. Wir vertrödelten enorm viel Zeit in einem kleinen Restaurant am Marktplatz, hier kam das Menü 4,50 DM. brasilianische Rastafariatmosphäre gab es gratis dazu.
Natürlich beschäftigten wir uns während unseres Aufenthaltes mit der Geschichte der Stadt, der Entstehung von Carpoeira und dem Einfluss der Sklaverei in Brasilien. Salvador da Bahia ist bis heute eine Schwarze Std d.h. die Einwohner sind Nachkommen afrikanischer Sklaven, die für den Zuckerrohranbau,-u. Handel aus Westafrika, über Portugal ( hier insbesondere Lagos an der Algarve) nach Braslien gebracht wurden. Bis 1763 war Salvador sogar Haupttadt von Brasilien, ehe die Rolle von Rio de Janeiro übernommen wurde, welche von Brasilia schlußendlich abgelöst wurde. Der afrikanische Einfluss ist in Bahia noch an jeder Straßenecke sichtbar, Candomblé als Alternative zum Katholizismus wird offen gelebt, afrikanische Einflüsse findet man ebenfalls im Essen als auch in der Musik wieder. Überall sieht man sehr hübsche Baianas in Landestracht, die ihre Kochkünste an Mann und Frau bringen.
Ganz Salvador ist ein großes Open Air Museum und wenn auch die Kriminalität im Vergleich mit Rio de Janeiro nicht geringer ausfällt, haben wir uns damals sehr wohl und sicher gefühlt.
Hier kommen zunächst ein paar Altstadtimpressionen:
Pelourinho heißt übrigens Pranger und genau auf diesen Plätzen ( jeder Ortsteil hatte seinen eigenen Pelourinho) wurden die Leute zur Schau geführt, ausgepeitscht und auch getötet. Das Ganze geschah im Namen der Sklaverei, der portugiesischen Krone und unter den wachsamen Augen der katholischen Kirche.
Unseren letzten Urlaubstag verbrachten wir in einem Wasserpark mit viel Rutschen und viel Planscherei. Brasilien hatte ein versönliches Ende genommen, nachdem die Stimmung durch den Riovorfall ein wenig gekippt war.
Ich flog mit Matthias damals nach Mexiko weiter, für den Rest unserer Truppe ging es nach Deutschland und Holland. Keine/r ist von je wieder nach Brasilien geflogen, Alle Sechs haben ein wenig gemischte Gefühle gegenüber dem schönen Land behalten. Mit 20 Jahren Abstand sitze ich zum Teil bewundernd von den Aufnahmen, insbesondere der Norden/ Nordosten, der Amazonas aber auch Bahia habe ich in schöner Erinnerung behalten. Nach 20 Jahren ertappe ich mich dabei, mal in Booking zu stöbern und wieder mal Tuchfühlung zum Land aufzunehmen. Leider ist die Sicherheitslage nach WM und Olympiade nicht besser geworden, ich mag an eine Postcoronazeit kaum denken….die Armut dürfte noch größer geworden sein, die Kluft von arm und reich noch größer. Ich verfolge gespannt die politische Lage in Brasilien, habe in den vergangenen Jahren oft den Kopf geschüttelt, Bolsonaro gehört zu meinen persönlichen Feindbildern. Leider konnte sich Brasilien nie von den kriminellen Banden, der Drogenmafia dem organisierten Verbrechen und der Korruption befreien. Es gehört mehr dazu, als nur die Favelas zu räumen und abzureißen…..
Zumindest in der jetzigen Zeit wird eine Rückkehr nach Brasilien eher ein Wunschdenken bleiben.
Ich habe in meinen Berichten sehr wenig zur Geschichte des Landes und der Städte geschrieben. Brasilien hat aber einige, faszinierende Stories auf Lager, das Schicksal des Landes lag über Jahrhunderte in der Hand der Europäer, wie so oft in der Kolonialhistorie wurde aber auch Braslien nach der Unabhängoigkeit fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Ich empfehle für weitere Recherchen Wikipedia.