Die letzte Nacht in Masouleh war, aufgrund der Stromproblematik nicht mehr ganz so lauschig, immer wieder achteten wir bei den verbliebenen zwei Leitungen auf das berühmte Knistern in der Wand. Um 7:00 Uhr früh fanden wir eine Nachricht unseres Vermieters vor, der uns aufforderte, die Schlüssel einfach im Haus zu lassen. Wir beichteten, dass „irgendwas mit dem Strom nicht in Ordnung wäre“ und verschwanden, ohne Frühstück und froh, ziemlich cool aus der Misere entkommen zu sein.
Da das Wetterchen ein Traum war, fuhren wir schnell zum ersten Aussichtspunkt und erlebten Masouleh auch nochmal mit Morgensonne.
Da unsere Farsimöhre dringend was zu Futtern benötigte, ließen wir die Maps.me Wegbeschreibung links liegen und fuhren zunächst nach Fumen. Es gab Frühstück für den Kleinen ( vollgetankt 3,66€) und für uns kein Frühstück, nur Teefelder!
Gut gelaunt fuhren wir durch Fumen und sahen das erste Mal die Sitten-Religionspolizei. Drei Personen, zwei Frauen ganz in Tschador und auffällig ordentliche Falten im Gewand sowie ein Typ in einer Art schwarzen Uniform, bestehend aus auffällig ordentlicher Hose und Hemd. Keine Abzeichen oder Ähnliches aber sofort für Alle erkennbar.
Also auch hier in der Provinz, treiben die Sittenwächter ihr Unwesen, in Masouleh habe ich durchaus mehr als eine Frau ohne Kopftuch und mit ziemlich ausgereizten Klamotten gesehen oder um es mit den Worten einer Englischlehrerin zu sagen, die wir am Tag zuvor kennengelernt hatten: „ wir sind nicht alle Terroristen aber unsere Regierung ist eindeutig verrückt“.
Wir fuhren nach maps.m me weiter, da das Garmin mit der iranischen Karte nicht so gut konnte. In Talesh verfuhren wir uns und wunderten uns, warum maps.me und die Anzeigen am Straßenrand rund 30km in ihrer Angabe auseinander lagen?! Wir fuhren brav nach maps.me, auch als wir durch eine ziemlich hohle Gasse geführt wurden, die alsbald schlammig wurde und gewaltig anstieg. Unbeirrt fuhren wir weiter, auch als es bergig wurde und die Serpentinen kaum von einem PKW zu bewältigen waren. Zum Teil lag Geröll in den Kurven, die damit noch schmaler wurden. Die Angst fuhr am Abrund immer mit. Als es anfing zu regnen, war die Situation bereits richtig absurd-maps.me faselte von 37 km und wir hielten durch! Wir hielten auch durch, als der erste Bach-Wasserlauf auftauchte, mein lieber Mann Klamotten ins Bachbett warf um die Tiefe festzustellen.
Weiter gings, die Piste wurde schlechter. Wir stiegen dennoch einmal aus, um wenigstens die grandiose Natur zu würdigen. Die Straße war wirklich scenic.
Wir steckten dann das erste Mal fest und warteten auf einen Retter der uns ein paar Minuten später entgegenkam. Dieser war von unserer Idee, weiter hoch zu fahren nicht begeistert. Wir ließen uns nicht beirren-weiter gings! Zwischendurch aßen wir dann mal die trockenen Muffins vom Vortag und freuten uns wie die Kinder, dass wir diese aufgehoben hatten. Fünfzehen Minuten und 10Kurven spärer saßen wir auf einer Kuhweide, auf ungefähr 2500 m fest. Es hatte angefangen zu regnen, die Pisten war verschlammt und nicht mehr befahrbar. Die Wiesen waren aber nicht besser, wie wir mit Muffensausen feststellen mussten. Es ging nicht vor und nicht zurück! Wir waren ratlos und nicht minder ängstlich….Regen, Hagel und Nebel wechselten sich ab und dann kam aus dem Nichts Mohktari auf seinem Moped an. Dieser nahm Mathias mit und ich dachte die Herren würden Hilfe holen-doch nichts da, er sicherte mit meinem lieben Mann die Straße um sie für die Farsimöhre befahrbar zu machen.
Ich sass im Auto, eingeschlossen und daddelte mit Berlin. Kurze Zeit später stand ich ebenfalls im Schlamm und schob die Farsimöhre an. Mohktari schaffte das Unmögliche und fuhr den Wagen von der Wiese, leider fuhren wir dann, zusammen mit unserem Retter bergauf, weil dieser uns zwar mehr als einmal deutlich klar machte, dass es keinen Weg nach Ardabil gibt ( er war sich nicht mal mehr sicher, ob die Stadt zum Iran gehört) er aber die Chance nutzen wollte, uns das Normadenleben hier oben auf knapp 3000 m zu zeigen. Das der Sabalan mit 4711m tatsächlich zw. uns und Ardabil liegt, hatte uns maps.me verschwiegen, Mohktari zeigte uns seine Bergwelt mit iranischer Gelassenheit und teilte mit uns seine Orangen und schenkte uns Karamellbonbons, Zeit für ein kleines Frühstückchen.
Wir waren dreckig wie die Schweine, sehnten uns nach Essen und Wärme, doch nichts da….Mohktari fuhr den Renault mit spielerischer Gelassenheit durch die Bergwelt, der Unterboden der Farsimöhre ächzte und krachte. Man beachte übrigens Mathias Jeans….
Mohktari wollte nichts von Ardabil hören, wir sollten bei ihm bleiben, Tee trinken und erst als wir das Zauberwort Hashpar ( ein Ort am kaspischen Meer) ins Spiel brachten, wurde er lebendig. Da komme er schließlich her und wir könnten doch alle nach Hashtpar und ein gemütliches Leben zu dritt führen. Nachdem der Tee in der Hütte nicht kochen wollte, hatten wir den Rettungsengel weichgekocht. Er fuhr mit Moped vorneweg und wir rutschten, krachten und kullterten die 17 km bergauf nun doch wieder bergab Richtung Talesh.
In Talesh wollte unser Lebensretter noch unsere Tankrechnung zahlen, doch das ließen wir nicht zu…..im Gegenteil, wir planten einen Polnischen, da wir nach Ardabil mussten und auf keinen Fall Hashtpar kennenlernen wollten, unser neuer Freund wurde zu anhänglich. An der berühmten Verfahrkreuzung vom Morgen kam unsere Chance und wir befanden uns, mit schlechtem Gewissen auf der Schnellstraße nach Astara 145 km sagte das Straßenschild, wir wissen mittlerweile, dass dies drei Stunden plus sind. Anfänglich spähten wir noch ängstlich aus dem PKW doch ab Hashtpar ( da war es wieder) wurden wir ruhiger und staunten in Astara lieber nach Aserbaidschan hinüber. Die Straße nach Ardabil verläuft exakt auf dem Grenzverlauf, neben der Straße war ein Stacheldrahtzaun mit Minenwarnung gezogen! Angsteinflößend-Bilder verboten, nur dieses eine hab ich mal aus der Hüfte geschossen.
Um 21:00 hatten wir es tatsächlich geschafft, wir waren eingescheckt, das Dreckschweinchen stand sicher auf dem Möhrenparkplatz und der dritte Kebab in drei Tagen schmeckte nicht anders als der in Masuleh.
Wir schrieben eine Whats App an Mohktari, entschuldigten uns, übersetzten das Ganze in persisch und hatten ihn danach per Videokonferenz live und in Farbe-er daddelte mit Whats App mehr hin als wir her uns als ich am nächsten Tag aufs Handy starrte, wollte er bereits nach Berlin eingeladen werden-sofern der google Übersetzer nicht lügt! Danach setzte bei uns Funkstille ein, zu viel Familienanhang ist nicht gut.
Wir schliefen tief und traumlos, der gestrige Tag zollte Tribut. Unser Frühstück am nächsten Tag war ganz ok, nur eine französische Touristin, die ohne Kopftuch zum Frühstück erschien, fanden wir wunderlich. Die Kellner sprachen sie sogar darauf an, ihr war es egal…..ich denke, das kann man hier im stockkonservativen Osten nicht bringen. Selbst meine nackten Knöchel ( obwohl Leggings ok sind) wurden genauestens von ein paar Männern begutachtet.
Unser Ziel war der Sheikh-Safi-ad-Din Schrein/Mausoleum, welches das wichtigste sadawidische Monument im Westiran ist und auf der Unescoliste steht. Der Sheikh wurde im Allah-Allah Turm von 1334 beerdigt, das gesamte Ensemble ist einfach nur schön, der Vorraum Ghandil Khaneh ist ein beeindruckendes Meisterwerk safidischer Baukunst. Ich war allerdings nur auf ein Gebäudeteil aus, das Chini Khaneh von 1612, heute das Porzellanmuseum von Ardabil ist der beeindruckenste Teil des Schreins. Allerdings haben die Russen das meiste Porzellan geklaut, dieses kann in der Eremitage in St. Peters Burg besichtigt werden.
Im Museum, das zum Schrein dazu gehört, stand aufeinmal ein Mädel im Tschador neben uns, die uns ganz ernsthaft die gezeigten Münzen erklärte und darauf hinwies, dass auf den Münzen aus dem 3JH Jesus zu sehen sei……wohlbemerkt, wir befinden uns im Iran.
Das Porzellanhaus:
Wir schlenderten noch nen bissel durch Ardabil, bewunderten die eine oder andere Moschee, die ich namentlich erstmal zuordnen muss. Außerdem war auch hier noch Nohrooz und wir erfreuten uns an kitschiger Feiertagsdeko, die Iraner lieben es bunt.
Gegen 11:40 fuhren wir mit unserer blitzblanken Farsimöhre nach Tabriz, die Wagenwäsche kam übrigens 1,33€ mit Innenreinigung. Da könnte man doch wieder in die Berge????
Unsere Stossdämpfer hat es übrigens erwischt und ein paar mehr Schrammen hat der Kleine auch. Mal sehen, ob wir mit den Macken bei Europcar durchkommen.