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Polen 2020, V: Olsztyn , Upalty, Gizycko

Wir sind in den Masuren, für Geschichtsfans im „alten Ostpreußen“. Heute heißt das Gebiet Woiwodschaft Ermland- Masuren, Olsztyn ist die Hauptstadt des gesamten Gebietes.

Das Wetter erinnert an Hamburg im Hochsommer, mehr wie 17-18 Grad sind in 2020 nicht drin.

Vor unserer Abfahrt aus Danzig zogen wir uns nochmal Geld aus dem ATM und aßen ein letztes Frühstück im Nanas. Wir sind uns sicher, nach Danzig müssen wir nochmal!
Wir verließen die Stadt in südöstlicher Richtung, ließen einen Stop in Elblag aus. Dort kann der Oberlandkanal bewundert werden, Schiffe die über Land gezogen werden. Aufgrund der Wetterlage bezweifelten wir ein Schiff auf dem Kanal und fuhren weiter nach Allenstein/ Olsztyn. Fast jeder Berlin/in kann seine Wurzeln nach Pommern, Ostpreußen oder Schlesien zurückverfolgen. Bei mir liegen die Wurzeln meiner Großmutter väterlicherseits in Schlesien, bei Mathias in Ostpreußen im genau diesen Allenstein sowie im früheren Königsberg/ Kaliningrad. Nach rd. 2,5 Std Autofahrt kamen wir in Olsztyn an und erkannten sofort Häuserzeilen die man in Lichterfelde Ost oder in der Bahnhofstraße in Lichtenrade findet.

Laut meinem Reiseführer machte die Architektur den Polen und Ukrainern nach ihrer Ansiedlung ab 1945 schwer zu schaffen. Sie hatte wenig gemein mit der alten Heimat und führte nicht dazu bei, dass Ihnen die Gebiete heimisch wurden. Gerade in Schlesien wurde in den ersten Jahren nur in den Häusern gelebt, eher heruntergewirtschaftet als erhalten und restauriert. Das Bewusstsein kam erst später, umso schöner das vielerorts das alte Stadtbild doch noch erkennbar ist. Allenstein hat eine lange Geschichte und einige berühmte Söhne und Töchter der Stadt. Hervorheben möchte ich Nicolaus Kopernikus, der in Thorn geboren wurde, aber mehrere Jahre im Allensteiner Schloß lebte und an der Astrologie arbeitete.

Wir betraten die Altstadt durch das berühmte Tor und schlenderten über den alten Marktplatz. Schön erkennbar sind die sozialistischen Versuche mit Beton ein altes Stadtbild zu zaubern, als auch die besser gelungenen Versuche der heutigen Nachwendezeit.

Mathias Urgroßvater kam aus Allenstein, hatte die Stadt aber bereits weit vor dem zweiten Weltkrieg verlassen und in Berlin eine Familie gegründet. Dennoch war ein wenig Spurensuche bei unserem Besuch mit dabei. Da die Straßennamen logischerweise keinen deutschen Hintergrund mehr hatten, Olsztyn sich nach dem Krieg enorm vergrößert hatte, beschränkte sich unsere Suche im Vorfeld mehr auf das www, im heutigen Stadtkern wurde man nicht mehr fündig.

Ein Highlight von Olsztyn ist die Burganlage, in der Kopernikus gewirkt und gehandelt hat. Wir ersparten uns einen intensiven Besuch dieser ( kleine weiße Hunde dürfen ihr Wissen nicht erweitern), liefen aber einmal um den Komplex herum.

Nicolaus Kopernikus

Wir kehrten gegen Mittag in eine vegetarische Milchbar ein, aßen uns durch ein Chili sin Carne und Zuchinisuppe. Mit einer halben Pizza Margerita und ein wenig Sonnenschein war der kleine Abstecher nach Olsztyn wirklich toll.

Mit ein ein paar Bildern aus der Innenstadt, zum Teil in schönster Erinnerung an Berliner Außenbezirke, machten wir uns wieder auf den Weg.

Ich hatte imVorfeld ein paar Infos aus Allenstein eingeholt und ein paar davon will ich mal weitergeben. Allenstein hatte im Jahr 1920 die Wahl, ob es weiterhin in Ostpreußen, im deutschen Reich verbleiben möchte, oder lieber dem neu gegründete Polen zugehören wollte. Die Entscheidung ging zugunsten der Deutschen und zwar mit fast 99% der Stimmen. Heute leben noch rd 400 Deutsche in der Stadt, seit der Versöhnung und Annäherung der 90er Jahre ist wieder ein Deutscher Club erlaubt, der komischerweise Mitgliederzahlen in die Tausende verzeichnet. In den letzten Kriegstagen war es den Deutschen verboten, sich gen Westen zu bewegen, die „Festung“ Allenstein sollte unter allen Umständen gehalten werden. Erst kurz vor knapp konnten sich Tausende noch retten, für ein Lazarett kam jede Hilfe zu spät. Die Rote Armee nahm am 22.01.1945 die Stadt ein und ermordete jeden Patienten und das gesamte Personal im Hospital. Schreckliche Verwüstungen ergingen über Allenstein, umso schöner das der Wiederaufbau gelungen ist.

Wir verließen Ermland und fuhren weiter in die Masuren, ganz weit im Nordosten Polens. Unser Ziel, Gizycko/ Lötzen liegt nur noch rd. 30-40 km von der russischen Grenze entfernt und auch das Wetter mutete russisch an. Luftlinie nach Kaliningrad rd. 100 km……schade, dass man nicht so einfach und in Coronazeitem noch viel schwieriger dort hin kommt.

Wir hatten uns für sieben Nächte in Upalty, sechs km außerhalb von Lötzen in eine alte Mühle eingemietet. Diese war weit über 100 Jahre alt und wurde von einem Antiquitätenliebhaber liebevoll aufgebaut und authentisch restauriert und möbliert. So kam es, dass wir in einem 2x2m großen Überbleibsel aus ostpreußischer Zeit schliefen, in diesem Bett sind vermutlich ganze Generationen großgezogen worden. Die Mühle ist wunderschön und hat eines der besten Restaurants der Umgebung, sehr gelobt über Trip Advisor. Wer also was Authentisches sucht, die Stary Mln ist sehr zu empfehlen. Sie liegt auch direkt an einem Badesee und die Möglichkeit auf ein kühles Bad ist zu jeder Tages,- Nachtzeit gegeben.

Bitte zurücklehnen und genießen:

An diesem ersten Abend lernten wir die wirklich gute Küche der Alten Mühle kennen. Auf der Karte waren wirklich nur masurische Gerichte, touristischen Einheitsbrei suchte man vergeblich. Da sich bei uns so langsam Müdigkeit vom schweren Essen bemerkbar machte, verblieb ich an diesem Abend bei Kartoffelpuffer und Pilzsoße, Mathias aß Wildgulasch……..naja, polnisch eben.

Wir gingen früh ins Bett und verloren uns fast in genau diesem. Selbst Emily konnte sich der Länge nach ausbreiten und wir hätten immer noch drei Kinder aus der Nachbarschaft einladen können.

Am nächsten Tag hatte uns das Schietwetter aus Deutschland endgültig eingeholt, 15 Grad und zum Teil fieser Regen.

Wir besuchten unsere Nachbarstadt Gizycko, ehemals Lötzen. Glaubt man den Reiseführern ist der Ort einer der beiden Tourizentren der Masuren. Wir waren überrascht wie städtisch Gizycko daherkam, Tourismus gar nicht auf dem ersten Blick so erkennbar. Mit Blick in Wikipedia hatte Lötzen in den Kriegsjahren ebenfalls wenig zu lachen, die Russen nahmen am 25.01.45 die Stadt ein und zerstörten diese ebenfalls systematisch.Auch hier hatte sich die Bevölkerung für den Verbleib im Deutschen Reich ausgesprochen und auch hier wurden die Einwohner ab 1946 vertrieben….sie durften eine dicke Zeche bezahlen. Sie reihten sich in die 12-14 Mio Vertriebenen nach dem zweiten Weltkrieg ein.
Wir bummelten durch die Stadt, schauten uns die Kirche von Schinkel von außen an und waren erstaunt, dass diese evangelisch geblieben war. Die Festung Boyen ersparten wir uns an diesem Tag. Die touristische Seite von Lötzen beschränkte sich auf den Löwentinsee und die Marina. Ebenfalls gibt es einen sehr schönen Badestrand, der allerdings bei 15 Grad wenig einladend war. Wir schlenderten rd. eine Stunde durch den Ort, stöberten auf dem alten Waldfriedhof herum, ersparten uns bei dem Wetter den alten Wasserturm und standen vor dem ältesten Haus von Lötzen, einer alten Bäckerei.

Die alte Bäckerei

Die Hauptstraße von Gizycko hatte übrigens wieder diesen Bahnhofstraßencharme……

Unser Nachmittag. ist schnell erzählt, wir hatten alle Drei ein wenig mit dem Magen zu tun und verzogen uns auf unsere Schlafinsel mit angrenzendem Badezimmer. Mathias lag später mit dem Hund auf der Holzschaukel und schlief ein wenig in der Sonne, die sich tatsächlich am Spätnachmittag sehen ließ.

Unser Abendessen fiel zumindest für mich kleiner aus, Fischsuppe und Fisch aus dem See. Mathias versuchte sich an der polnischen Ente mit Rosinen.

Ein grandioser Sonnenuntergang entschädigte für das Regenwetter am Tage.